152 cm ungebremste Energie

■ Über Bette Midler und ihren Film „Nichts als Ärger mit dem Typ“, ARD, Samstag, 22.05 Uhr

Bette Midler fing ganz unten an. Sie spielte winzige Rollen in unbedeutenden Revuen. Nur mühsam kroch sie bergauf. In einer Kreuzung aus Schwulensauna und Nachtclub hatte sie einen 50minütigen Auftritt. Da ihr Gesangsrepertoire aber nur für 20 Minuten reichte, streckte sie die Show mit einigen Witzen, meist solchen, die südlich der Gürtelschnalle angesiedelt waren. Das klappte fabelhaft, das Publikum war begeistert. Der Manager Aaron Russo wurde auf sie aufmerksam, nahm sie unter Vertrag und besorgte ihr einige Engagements am Broadway.

1972 erhielt die Allround-Künstlerin ihren ersten Grammy für ihr Album The Divine Miss M. Und als sich Aaron Russo ein paar Jahre später die Rechte an einem Drehbuch beschaffte, das nach einer Janis-Joplin-Platte, Pearl, benannt war, stand die Midler in den Startlöchern.

Unter der Regie von Mark Rydell spielte sie in The Rose die legendäre Rockgöttin. Der Film über das Leben und lange Sterben von Janis Joplin gilt inzwischen als eines der besten Rockstar-Porträts, die je auf der Leinwand zu sehen waren. Die kleine Bette Midler (1,52 m) war auf einmal ganz oben, im Olymp des Show-Biz. Aber es ging gleich wieder abwärts. Bei ihrem nächsten Filmprojekt griff sie voll daneben. Mit dem renommierten Regisseur Don Siegel drehte sie Verhext (bei uns nur auf Video erschienen). Während der Dreharbeiten wurde heftig und lautstark gestritten. Besonders der männliche Hauptdarsteller Ken Wahl war ein ganz besonders nettes Früchtchen. Er machte der Midler schon am ersten Tag seinen Standpunkt deutlich: „Eines möchte ich gleich klarstellen - ich hasse Nigger und Schlampen.“ Bette Midler erinnert sich mit Grauen an die Produktion: „Es liefen nur Intrigen und mörderische Kämpfe ab, ich hab‘ nie gedacht, daß Hollywood so bestialisch sein kann.“

Es folgte, was in fast keiner Hollywood-Biographie fehlt: Alkohol, Drogen, Nervenzusammenbruch. Der totale Absturz. Bette Midler zog sich fünf Jahre aus dem Geschäft zurück.

1986 unterschrieb sie bei der Disney-Firma Touchstone einen Vertrag über drei Filme. Gleich mit dem ersten, Zoff in Beverly Hills spielte sie sich unübersehbar an die Spitze zurück. Es folgten Die unglaubliche Entführung der verrückten Mrs. Stone (mit dem famosen Danny DeVito als Mr. Stone) und Nichts als Ärger mit dem Typ von Arthur Hiller. Die drei Filme, alles Komödien, etablierten Bette Midler als neuen humoristischen Superstar. Sie wurde zum Inbegriff der neuen Ulknudel. In den USA ist bereits die Rede von einem neuen Genre - der Bette-Midler-Komödie.

Nichts als Ärger mit dem Typ ist eine Actionklamotte, die das Agentenfilmgenre parodiert. Lauren Ames (Shelley Long) und Sandy Brozinsky (Bette Midler) begegnen sich bei einem Schauspielkurs und hegen gleich eine heftige Abneigung gegeneinander. Die sensible Millionärstochter Lauren ist zart, sittsam und hat hohe Ambitionen: Sie möchte Shakespeare spielen. Sandy ist frech und vulgär. Die abgeklärte Großstadtpflanze verfügt über eine solide Halbbildung, und ihre letzte kleine Filmrolle hatte sie in einem Streifen mit dem obskuren Titel Ninja Vixens. Eines haben die beiden ungleichen Frauen aber gemeinsam: Einen Mann! Als dieser eines Tages durch einen Bombenanschlag getötet wird, und sich die beiden zufällig im Leichenschauhaus begegnen, fliegt die Dreiecksgeschichte auf. Nach einem handfesten Streit schauen sich die beiden den verkohlten Leichnam etwas näher an. Nach einem prüfenden Blick auf den kleinen Unterschied kommen sie zu der übereinstimmenden Meinung, daß es nie und nimmer ihr Ex -Lover sein kann. Er lebt also - und die beiden machen sich auf die Suche nach ihm. Wenn sie ihn gefunden haben, soll der Schuft sich entscheiden. So geraten sie in eine handfeste Spionagegeschichte. Denn auch die CIA und das KGB möchten sich den Untergetauchten gerne vorknöpfen.

Am Schluß des Films legt die erschöpfte Sandy schließlich ein leichtfertiges Gelübte ab: „Ich werde mich nie wieder mit einem Mann einlassen. Das bißchen Bumsen ist den ganzen Ärger nicht wert.“

Eigentlich hatte die inzwischen 44jährige Bette Midler ja für 1990 ein zweites Kind geplant („Es soll Hamburger essen, Cola trinken und Musik von Prince hören dürfen“), aber jetzt dreht sie doch erst noch mal zwei Filme (Beaches und Stella) und das ist mit Sicherheit auch keine schlechte Idee.

Karl Wegmann.