: Angepaßtes Niveau ohne Akzente
■ Bei der Handball-Weltmeisterschaft in der Tschechoslowakei war die UdSSR bislang allen anderen Teams haushoch überlegen / Horst Bredemeier, Trainer der drittklassigen Bundesrepublik, als zerknirschter Zuschauer
Bratislava (dpa) - „Bei dem Niveau dieser Weltmeisterschaft hätte die DHB-Auswahl auch eine reelle Chance gehabt, ganz oben mitzuspielen, wenn sie die Herausforderung in Frankreich bestanden hätte.“ Die bittere Bilanz von Bundestrainer Horst Bredemeier zum Niveau der Handball-WM vor dem heutigen Finale zwischen der UdSSR und Schweden (15.30 Uhr) klingt wie blanker Hohn aus dem Mund des Nachfolgers von Petre Ivanescu, der vor einem Jahr in Paris mit seiner Mannschaft bis in die C-Gruppe abgestiegen war.
Ab 31. März muß sich die DHB-Auswahl unter der Regie des Düsseldorfers in Finnland für die Rückkehr zur B-WM 1992 in Österreich qualifizieren. Das Klassement der A-WM hat indirekte Konsequenzen für die Europa-Ausscheidung in Skandinavien, weil nunmehr endgültig feststeht, daß von dort die ersten sieben Teams zur B-WM fahren können. Die Trostrundensieger Schweiz, Polen und Südkorea (um Platz elf), Island oder Frankreich (um neun) steigen in die B-WM ab, die durch Dänemark, Gastgeber Österreich und vier weitere Kontinentvertreter aus Asien, Afrika und Amerika ergänzt wird.
Bredemeier stimmt mit seiner Kritik mit der internationalen Trainerelite überein, die dem dominierenden Olympiasieger UdSSR eine Ausnahmestellung bestätigte. Dem „Rest“ von zehn etwa gleichwertigen Teams wird nur „angepaßtes Niveau ohne spielerische Akzente“ attestiert.
Selbst der zurückhaltend auftretende 55jährige UdSSR-Coach Anatoli Jewtuschenko läßt durchblicken, was er von der Konkurrenz denkt: „Unser Niveau hängt davon ab, was der jeweilige Gegner zuläßt.“ Das 37:28 gegen Spanien war am Donnerstag charakteristisch. Die Südländer zeigten erfrischenden, aber zu risikoreichen Offensivhandball, der jene „tödlichen Konter“ ermöglichte, die die UdSSR so perfekt beherrscht. Spanien spielt gegen Vizeweltmeister Ungarn um Platz fünf, während Titelverteidiger Jugoslawien gegen Rumänien wenigstens das „kleine Finale“ um Platz drei erreicht hat. Die DDR rutschte nach dem unnötigen 17:19 gegen das bis dahin sieglose Island in die Partie um Platz sieben gegen die Tschechoslowakei.
„Jugoslawien hat sich von Spiel zu Spiel gesteigert, ist aber zu spät in Fahrt gekommen. Den Schweden traue ich noch taktische Varianten zu, mit denen sie die UdSSR vielleicht in Verlegenheit bringen können.“ So Bredemeier. DDR-Coach Klaus Langhoff ging noch weiter: „Herausragende Persönlichkeiten hat die Weltmeisterschaft nicht produziert. Individualisten kamen nicht zum Zuge.“
Die ersten Neun von Prag qualifizieren sich nicht nur direkt für Olympia 1992 in Barcelona. Sie haben nach dem IHF -Reglement auch gleichzeitig das Startrecht für die nächste A-WM 1993 in Schweden erworben. Dort könnte auch die DHB -Auswahl wieder erstklassig werden - es sei denn, die Politik nimmt ihr diesen mühsamen Weg ab und bewirkt schon bei Olympia ein gesamtdeutsches Team. Bredemeier: „Fakt ist, daß wir noch C-klassig sind. Sollte die politische Schiene jedoch gesamtdeutsch verlaufen, hätten wir kein Recht auf irgendwelche personellen Forderungen. Die DDR müßte dann auf uns zukommen. Sie hat schließlich die Qualifikation für Olympia geschafft.“
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