: „Wir suchen eine Lösung über Verhandlungen“
UP-Präsident Diego Montana Cuellar lehnt trotz des Terrors gegen seine Partei eine Rückkehr in den bewaffneten Kampf ab ■ I N T E R V I E W
Der 78jährige Diego Montana Cuellar ist Präsident der Union Patriotica (UP), der linken Partei Kolumbiens, die trotz massiver Mordanschläge an den Wahlen teilnimmt (s. Artikel unten). Montana Cuellar, der in den 60er Jahren aus der KP ausstieg, gehört zu den Reformkräften innerhalb der UP.
taz: Die UP beschuldigt die Streitkräfte, an dem schmutzigen Krieg beteiligt zu sein. Welche Indizien sprechen dafür?
Montana Cuellar: Nicht die gesamte Armee, aber doch ganze Sektoren haben sich mit der von den USA erarbeiteten „Doktrin der Nationalen Sicherheit“ ideologisch gegen die UP eingeschossen. Ich will Ihnen ein konkretes Beispiel geben: General Harold Bedoya. Als er Kommandant der Brigade in der Provinz Meta war, ließ er 20 unserer Mitglieder verhaften. Nachdem wir vor Gericht ihre Freilassung erreichten, wurden einige verschleppt und tauchten nie wieder auf. Bedoya hatte auch keine Skrupel, Beziehungen mit dem Kokainboss Gonzalo Rodriguez Gacha zu unterhalten. Und heute kommandiert dieser General eine Brigade in der Provinz Antioquia, die eng mit den Militärs in der Bananenregion Uraba zusammenarbeitet, wo die meisten Mordanschläge auf unsere Leute stattfanden.
Hat die Regierung den UP-Politikern Garantien zugesichert?
Nur das Übliche: Man will der Sache mit den Militärs nachgehen etc. Ich habe jedoch den Eindruck, daß die zivile Regierung keine große Kontrolle über die Armee hat.
Für die Wahlen haben wir zusammen mit der Sozialkonservativen Partei um internationale Aufsicht befreundeter Parteien gebeten. Aber die Regierung Barco hat das abgelehnt.
Wie steht die UP heute zu der Politik der „Kombination aller Formen des Kampfes“?
Nach unserer Ansicht gibt es entweder Krieg oder Frieden. Wir sind für den Frieden. Die „Kombination aller Formen des Kampfes“ ist eine Politik der Kommunistischen Partei. Die KP besitzt zwar einen großen Einfluß in der UP, aber sie dominiert unsere pluralistische Bewegung nicht.
Erschwert die Terrorwelle gegen die UP nicht die Kritik an der Doktrin?
Sicher, die Terroranschläge der letzten Zeit scheinen eher zu rechtfertigen, daß wir wieder den gewalttätigen Weg einschlagen. Aber wir haben 40 Jahre Guerillakampf hinter uns, und die Guerilla ist nicht dazu fähig, die Macht an sich zu reißen. Wahr ist, daß auch die Armee die Guerilla nicht schlagen kann. Gerade dieses Gleichgewicht aber rechtfertigt unsere Suche nach einer Lösung, die auf dem Verhandlungsweg zu finden wäre.
Interview: Ciro Krauthausen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen