Das Jugend- und Schulzentrum

■ Zu Ostern wird der Bau fertig sein - wenn das noch fehlende Geld zusammenkommt

„Maisinsel“ - Corn Island - heißt die kleine Insel bei der englischsprachigen schwarzen Bevölkerung, den Nachkommen afrikanischer Sklaven. Bis der Hurrican „Joan“ sie verwüstete, hätte sie auch „Paradiesinsel“ heißen können. Damals war sie ein fast unbekanntes Urlaubsparadies, wo sich die Wipfel der Kokospalmen ins tiefblaue Wasser der Karibik neigten und wo in den Garküchen und Restaurants kaum etwas anderes als Schildkrötenfleisch, Krabben und Hummer aufgetischt wurde. Nach dem Hummer wird weiter gefischt, aber dort, wo einst ausgedehnte Kokoshaine standen, ragen nur noch abgebrochene Stämme in den Himmel.

Auch die acht Grundschulen, jede nur ein Klassenzimmer groß, wurden völlig zerstört - sie sind mittlerweile aus taz -Spendengeldern wieder aufgebaut worden. Als sich dann herausstellte, daß auf dem Berliner Konto noch rund 160.000 Mark übrig waren, schlug der FSLN-Abgeordnete für diese Region, Ray Hooker (er wurde jetzt übrigens wiedergewählt), vor, auf der Insel ein kleines Oberschulzentrum zu bauen, das den Jugendlichen vor allem auch eine Freizeitalternative zum stark ansteigenden Kokainkonsum bieten kann. Ein Jugendzentrum mit allem drum und dran: Sportmöglichkeiten, öffentlicher Bücherei, einem Raum für Versammlungen, Video und Musik.

Zunächst wollte sich das Erziehungsministerium in der Hauptstadt gar nicht auf das Projekt einlassen. Nach dem Hurrican sollte nur „Katastrophenhilfe“ angenommen und Zerstörtes wieder aufgebaut werden - man wollte aber nicht neue Gebäude hochziehen, aus einsichtigen Gründen: Jedes Bauprojekt zieht schließlich Folgekosten nach sich. Doch in diesem Fall hatte die regionale FSLN ein gutes Gegenargument und setzte sich damit gegen Managua durch: Die etwa vier Kilometer lange und drei Kilometer breite Insel brauchte einfach ein Kommunikationszentrum, vor allem für die Jugend. Und so wurde beschlossen, den Bau in der Inselmitte, direkt neben dem Baseballfeld, hochzuziehen.

taz-Mitarbeiter Tonio Milone, der den Wiederaufbau der 90 Klassenzimmer geleitet hatte, verhandelte mit FSLN und Erziehungsministerium und unterzeichnete am 31.Mai letzten Jahres einen Vertrag, in dem sich die taz verpflichtet, das Schulzentrum zu bauen. Und Walter Knöpfel, ein Schweizer Architekt, wurde engagiert. Er unternahm als erster den Versuch, die üblichen Betonfertigteile aus Managua mit der traditionellen Bauweise der Atlantikküste - viel Holz und ein überhängendes Dach - zu verbinden.

Im August lagen dann die Kostenvoranschläge von Firmen und Ingenieuren vor, die schon Erfahrung mit dem Bauen an der Atlantikküste hatten. Das Hauptproblem des Baus war schließlich die Unzugänglichkeit der Region: Alle Materialien mußten - zum Teil aus Costa Rica, zum Teil aus Managua - auf der Straße bis zur Stadt Rama gebracht werden, von dort führt nur noch ein Fluß, der Rio Escondido, zur Karibikküste. Und am Hafen Bluefields mußte alles noch einmal umgeladen werden: Von den Flußkähnen auf seetüchtige Kutter, die von den Bauplatten bis zum Holz und den Nägeln alles auf die 80 Kilometer entfernte Insel zu bringen hatten. Im Januar war alles auf der Insel beisammen, der Bau konnte beginnen (auch die Bauarbeiter mußten auf dem Festland engagiert werden).

Mittlerweile steht der erste Stock, und es wird am Dachgerüst gearbeitet. Bis Ostern soll das Schulzentrum fertig sein - nicht die schlechteste Garantie dafür sind die Bauarbeiter selbst: Sie wollen die in ganz Nicaragua heiliggehaltene vorösterliche Woche, die „Semana Santa“, natürlich unbedingt zu Hause verbringen.

Robin Schneider/mr