„Wir brauchen ein ökologisches Oberhaus“

■ Grünensprecher Fücks, Umweltstaatsrat Vahrenholz, Kirchenbeauftragter Brückner

„Das System politischer Institutionen muß verändert, mindestens aber korrigiert werden“, meinte Ralf Fücks ganz persönlich in einer Podiumsdiskussion zum Thema „Politik zwischen Wissenschaft und ökologischen Katastrophen“. Für die „Gattungsinteressen“ des Menschen müsse man „Institutionen mit ökologischem Vetorecht“ in die politische Willensbildung einbauen, sinnierte Fücks: Eine Art „ökologischer Runder Tisch“ zum Beispiel, ein „ökologisches Oberhaus“. Die Bremer Evangelischen Kirchen hatten neben dem Grünen-Sprecher Fücks noch Fritz Vahrenholt, (SPD-Staatsrat der Umweltbehörde in Hamburg), Bernt Schulte zu Berge (CDU) und Herbert Brückner (Umweltbeauftragter der Ev. Kirchen). Thema: „Macht und Moral“.

Fücks‘ Forderung nach einer Art Oberinstanz für die Wahrung ökologischer Interessen war dem Hamburger SPD-Mann ein Schritt zu weit: „Ich bin zu sehr im Grundgesetz verankert, um das mitzumachen“, meinte Vahrenholt. Er bestätigte jedoch auch: Ökologisches Bewußtsein entsteht erst, wenn die Schäden schon da sind und es eventuell schon zu spät ist.

Einig schienen die Diskutanten allerdings in ihrer Grundeinschätzung: Katastrophen kommen, ob in Form von Stürmen oder was auch immer, und die Wissenschaft hinkt hinterher, gefolgt von der Politik. Die verschiedenen Zeitschienen in Übereinstimmung zu bringen, sei das Kernproblem.

Fücks verwies auf das Primat der Ökonomie, dem er jenes ausdrücklich nicht von Parteien nominierte „ökologische Oberhaus“ gegenüberstellen wollte. (Wobei er aus dem Publikum gefragt wurde, ob nicht die Grünen jene Instanz seien, die Konflikte zu inszenieren und Probleme artikulieren?)

Es seien die industriellen Metropolen, die mittlerweile das globale Überleben bestimmen, und längst nicht mehr nur den Weltmarkt und Neo-Imperialismus. Sie definieren weltweit, was Fortschritt ist. „Wenn wir nicht bald die Kurve kriegen, und industriell und materiell abrüsten, fahren wir mit dem Mercedes in den Abgrund“, schwarzsagte Fücks. Es gelte jetzt Lebensqualität neu zu definieren, vor allem in Korrespondenz mit anderen Kulturen, und nicht mehr nur in umweltverträglicheren Kategorien zu denken.

Unterdessen berichtete der Hamburger Umweltpolitiker Vahrenholt von den kleinen großen Erfolgen seines Stadtstaates: Im biologischen Klärwerk werde es bald fünf Reinigungsstufen geben, Wasserzähler für jeden Haushalt hätten die Verbraucher zum Sparen motiviert: seit '84 verzeichne die Hansestadt einen Abwachs im Wasserverbrauch. Für Vahrenholt ist Wirtschaftspolitik inzwischen Umweltpolitik und die wiederum funktioniere nur unter enormem öffentlichem Druck. Und dazu forderte er eine Verstärkung von Wissenschaft und Technologie. Eine Perspektive entwickelte er jedoch nicht. Und Kirchenbeauftragter Brückner stellte dazu auch nur lapidar fest: Politik darf kein Reparaturbetrieb sein. Er forderte die Bereitschaft zur Rückkehr ein - in diesem unseren umweltfeindlichsten System, das je existierte.

ra