Modrow begrüßt die Marktwirtschaft in Leipzig

■ Besucherrekord und Ausstellerinvasion bei der Frühjahrsmesse

Leipzig (dpa/ap/taz) - Während die bundesrepublikanische Wirtschaft in Sachen deutsche Einheit und Währungsunion aufs Tempo drückt, verteidigt DDR-Ministerpräsident Hans Modrow die jüngst verabschiedeten Gewerkschaftsgesetze seines Landes. Die unterschiedlichen Positionen prallten gestern anläßlich der Eröffnung der Leipziger Messe aufeinander.

Tyll Necker, Präsident des Bundesverbandes der Industrie (BDI), versuchte die in der DDR verbreiteten Befürchtungen zu zerstreuen. Er nannte es grundfalsch, einen Beitritt der DDR nach Artikel 23 Grundgesetz als Anschluß oder Vereinnahmung der DDR zu bezeichnen. Eine Übervorteilung durch die Bundesrepublik fände nicht statt. Das volle Mitspracherecht der DDR bei der gesetzlichen Ausgestaltung sei gewährleistet.

Deutsche Bank-Chef Hilmar Koppers warnte, ebenfalls in Leipzig, vor der öffentlichen Diskussion möglicher Umtauschkurse von DDR-Mark in D-Mark. Äußerungen darüber seien „schädlich und destruktiv“. Damit ging er auf Distanz zu seinem Amtskollegen Wolfgang Röller von der Dresdner Bank, der einen Tag zuvor eine baldige Aussage seitens der BRD verlangt hatte, in welchem Währungsverhältnis die Sparkonten in der DDR einzuwechseln seien. Koppers‘ Ansicht nach soll die Entscheidung einzig und allein der hinter geschlossenen Türen tagenden deutsch-deutschen Expertenkommission überlassen werden. Koppers hofft auf einen möglichst schnellen Beschluß: „Eine Währungsunion wird wie ein Befreiungsschlag wirken und auch die notwendigen umfassenden Reformen in anderen Bereichen der DDR wesentlich beschleunigen.“ Für ein allmähliches oder stufenweises Vorgehen habe die DDR keine Zeit mehr.

Während seines Eröffnungsrundganges wies Modrow diese und ähnliche Kritik an einem zu langsamen Tempo der Wirtschaftsreform zurück: „Modrow hat nichts zu bremsen“, sagte der DDR-Regierungschef. Es dürfe nicht dazu kommen, daß es im „europäischen Haus“ neben einem „reichen Westflügel“ einen „armen Ostflügel“ gebe. Modrow verteidigte die in der vergangenen Woche beschlossenen Gesetze als Voraussetzungen für die Einführung der sozialen Marktwirtschaft in der DDR. Er wandte sich auch gegen westliche Angriffe auf das neue Gewerkschaftsgesetz. Der DGB würde sich freuen, wenn er ein ähnliches Gewerkschaftsgesetz im Deutschen Bundestag zur Diskussion stellen könnte, sagte Modrow. In den Augen Bonner Regierungspolitiker und der westdeutschen Wirtschaft schreibt dieses Gesetz einen zu großen Gewerkschaftseinfluß in den DDR-Betrieben fest.