Mäuse in Mondrianhosen

■ Ausstellung „Kinderbücher aus der CSSR“ in der Angestelltenkammer eröffnet

Wie bringt man nur Katzen mit blauen Stulpnasen und Frau Uhl unter einen Hut? Ja, jene Jugend-und Sozialsenatorin, der man eine Perlenkette schenken möchte, wenn sie nicht schon eine hätte; nicht aus Gemeinheit, sondern als Haltegriff. Frau Uhl stellt sich nämlich der Aufgabe, eine tschechoslowakische Kinderbuchausstellung zu eröffnen, was nun mal mit Katzen mit blauen Stulpnasen zu tun hat, also mit Fantasie. Egal, die Kategorie Kinderbuch gehört irgendwie auch zur Jugend und zum Sozialen, wahrschein

lich wegen des Buches „freudevoller“ Vermittlung durch „freudevolle Darstellung“, respektive „Hilfestellung“, die auch Erwachsene betreffe. Aber bloß die eingeladene 9e von der Schule Gottfried-Menkenstraße kiekst teils affektiert, teils ehrlich erheitert vor sich hin,

Zum Schluß vergleicht die Senatorin das Buch mit einer Stafette, weil der Autor seinen Stab abgebe, also an Leser. Bravo, sagt Herr Klinger, Pressesprecher der Angestelltenkammer und Geschäftsführer der Deutsch -Tschechoslowakischen Gesellschaft, die die Kinderbuchausstellung nach Bremen geholt hat und ihre Verlagsdirektoren gleich mit: Herrn Lapacek vom Prager Albatros-Verlag und Herrn Mikisch vom Mlado Late-Verlag (Junge Jahre) aus Bratislava. Die Schulklasse, die glaubt, nur eingeladen worden zu sein, weil sie diszipliniert sei, trinkt stetig Sekt.

Hinter uns Eröffnungsgesell schaft steht wuchtig, aus harten Kartonpappen zusammengesteckt, ein Brontosaurus - wegen des Mottos der Ausstellung: „Natur im Kinderbuch der CSSR“. In des Brontosaurus Bauch liegen tschechische Kinderbücher und können nichts dafür. Die meisten sehen ratlos aus, unsinnliche Be lehrungsbücher über Fische, Füchse und Vögel. Aber da sind sie dann doch noch, die fantastischen Illustrationen, für die die Kinderbücher der CSSR so berühmt sind. Was heißt Illustrationen! Bilder mit Farben; Löwen mit Haaren; Mäuse in Mondrianhosen, Alice-hinter-den-Spiegel-Figuren, aber unbedrohlich; knallfarbig, leichthändig, vielverständlich; wirklich zum Kucken, surreal witzig und nicht gut gemeint, veritable Kunst - das gefällt auch der 9e: „Nicht so abgeflacht wie bei uns“. Die Wunderbarste von allen: Kveta Pacovska.

Die Prager Illustratorin hat jetzt mit einer Bremerin ein Bilderbuch gemacht, das justament zur Ausstellung fertig geworden ist. Annelies Schwarz, bremische Kunsterzieherin, hat Kveta Pacovska auf der ersten bremisch-tschechischen Kinderbuchausstellung '86 kennengelernt und sie geeignet gefunden, ihren „anspruchsvollen Text“ über Rikki und sein „Tier mit den Funkelaugen“ zu bebildern. Ein Wünschetier, das alles kann und ein Nashorn ist mit dick bewimperten Funkelaugen. Und Rikki sieht aus wie ein Dackel mit rotem Hut, umflogen von Kreiseln in Zuckerdosenform, fertig. Die Kindheit nämlich als kein verlorenes Paradies, wie gerne geglaubt werden möchte, sondern scheinbar naiv. clak

Bis 23.3., Angest.Kammer. „Das Tier mit den Funkelaugen„; Beltz und Gelberg, DM 28.