Grüne fordern Stoltenbergs Rücktritt

Der Bundesminister habe im U-Boot-Skandal den Verdacht nicht ausgeräumt, Strafvereitlung im Amt und Rechtsbeugung betrieben zu haben / Stoltenbergs Ausflucht, von der Sache nichts gewußt zu haben, ist unglaubwürdig / Ausschuß will Minderheitenrechte einklagen  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die Grünen haben den Rücktritt von Bundesminister Stoltenberg (CDU) wegen seiner Verwicklung in der U-Boot -Affäre gefordert. Stoltenberg habe nichts dazu getan, den „ungeheuren Verdacht auszuräumen“, er habe Rechtsbeugung und Strafvereitlung im Amt betrieben, sagte die Fraktionsvorsitzende Antje Vollmer vor der Presse. Unglaubwürdig sei sein Dementi, er habe von dem von der taz veröffentlichten geheimen Bericht eines Untergebenen über die Behandlung des Waffengeschäfts nichts gewußt. Stoltenberg sei politisch verantwortlich, auch wenn er jetzt versuche, jene, die für ihn „die Schmutzarbeit gemacht haben, im Regen stehenzulassen“, sagte die Abgeordnete Uschi Eid. Die Entscheidung, die Ermittlungen gegen die U-Boot -Firmen einzustellen, werde nicht auf unterer Ebene ohne Kenntnis des Ministers getroffen, wie Stoltenberg weismachen wolle.

Das Verfahren gegen die am Waffengeschäft beteiligten Unternehmen HDW und IKL wurde im Herbst 1987 eingestellt, obwohl der kurz zuvor erstellte geheime Bericht dringlich zum Einschalten der Staatsanwaltschaft riet und eine Vielzahl von Verstößen gegen das für die Bundesrepublik bindende UN-Waffenembargo aufzählte. Die Niederschlagung der Ermittlungen sei von Anfang an beschlossen worden; dafür spreche die Behandlung des Verfahrens als „geheime Kommandosache“ im Ministerium. Die Ende 1989 aufgenommenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Firmen müßten auch auf die „Mittäter“ Kanzler Kohl und Minister Stoltenberg sowie die Minister Genscher, Schäuble und Waigel ausgedehnt werden.

Die Grünen wollen nicht hinnehmen, daß die parlamentarische Aufklärung des „größten Rüstungsskandals“ der Bundesrepublik durch die Regierungskoalition seit drei Jahren verhindert wird. Nötigenfalls werde man das „Minderheitenrecht auf ungehinderte Beweisaufnahme“ vor dem Bundesverfassungsgericht einklagen. Bundeskanzler Kohl habe nachweislich gelogen, als er erklärte, er habe erst im Sommer 1985 von dem Geschäft erfahren. Tatsächlich habe das Bundeskanzleramt bereits ein Jahr zuvor den Firmen grünes Licht für das illegale Geschäft gegeben. Dies ist Unterlagen der Firmen zu entnehmen. Die CDU/CSU-FDP-Koalition hat bisher verhindert, daß die Manager zu diesem Punkt aussagen müßten. Hintergrund der Verhinderungsstrategie des Regierungslagers sei die Angst, die Firmenmanager könnten bei einer Anklageerhebung „auspacken“ über die Verwicklung der Bundesregierung.

Die Grünen protestierten auch gegen eine Entscheidung von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, die schriftliche Fragen der Fraktion zum U-Boot-Skandal am Freitag mit dem Hinweis nicht zugelassen hatte, das Parlament habe dem Untersuchungsausschuß die Ermittlungsaufgaben übertragen.

Der Obmann der CDU im Untersuchungsausschuß, Bohl, hielt den Grünen entgegen, die Arbeit des Ausschusses habe sich nicht am „gewünschten Oppositionsspektakel“ zu orientieren.