Lotti Huuuh

■ Lotti Huber - Alleinunterhalterin, Chansonette, Wahrsagerin in Bremen: „Diese Zitrone hat noch viel Saft“

Neben Lotti Huber sieht man alt aus. Vielleicht auch einfach ungeschmückt oder normalwimprig oder glamourarm oder was Normal-Nichtschrille sonst noch so ausmacht, die plötzlich zu „Mein Schätzchen“ avancieren. Lotti Huber trägt gerne dicker auf: Riesenringe, Riesenwimpern, Riesendutt, und ich soll jetzt aber losschießen: „Schieß los, mein Schatz“. Wie fragt man eine, die schon eine personifizierte Antwort zu sein scheint. Eine Kultfigur, die sich verbittet, verrückte Alte genannt zu werden. Wie wär's mit Shocking? Moralisch jetzt oder erotisch? Überhaupt. Also: Wenn Menschen lügen und betrügen. Sie also nicht. Warum auch? Höchstens durch die Filme, die sie mit Rosa von Praunheim gemacht hat; und weil man von jemand mit 77 andere Vorstellungen hat. Einmal ist sie angerufen worden nach dem Film Unsere Leichen leben noch, da krächzte eine Frau durchs Telefon: „Wo

bleibt denn die Würde des Alters??“ - Lotti krächzt glaubhaft würdelos - und hat erwidert: „Die Würde des Alters wohnt hier nicht“ und sich nach deren eigener Würde erkundigt. Woraufhin die Frau geweint hat. Oder der junge Mann, mit dem sie manchmal Sherry trinkt und dessen Mutter der Schlag treffen würde angesichts von Lotti Huber. Sie lacht schallend und es macht nichts, daß sie ihre Gesten inszeniert. Schließlich kommt sie vom Tanz, als der gerade neu erfunden wurde, Ausdruckstanz, Körperbewußtsein, Aufbruch, kein Muff, Korsett weg, Isadora Duncan! Lotti tanzte durchaus nackt mit 17 am Schilksee, Kiel, wo sie geboren ist und mit sechs die Schüsse vom Matrosenaufstand hörte.

Spießumkehr: Was ich denn an

ihr extraordinär fände!? Daß sie sich extra ordinär schmückt? Natüüürlich schmückt sie sich und duftet!! Sie Schmuck-Elster, sie Tannenbaum sie! Mehr hat leider nicht Platz. Das ist doch der Genuß des Lebens, ohne den man auch keine schöne Leiche wird. Lottis Außerordentlichkeit war nicht unbedingt vorgezeichnet, außer durch die Tatsache, daß sie als Jüdin nach einem Jahr im KZ Lichtenburg zur Emigration gezwungen wurde. Ihre Stationen werden Jerusalem, Haifa, London, Zypern, Berlin. Aber schließlich haben die Liebe und die Erotik ihr Leben geprägt. Hat sie sich das erarbeiten müssen? ERARBEITET? Das war Lottilästerung! Sie spricht das ERARBEITET MEHRERE MALE IN GROßBUCHSTABEN MIT VIELEN AUSRUFEZEI

CHEN!!! „Meine Süße! Das sind die Hormone!“ Und nichts ERARBEITETES! „Ich bin nicht durch eine Ehe gegangen, Schätzchen, und habe mich nicht 30 Jahre wie eine Schlingpflanze um meinen Ehepartner gehangen! Mein Leben war eine große Reise.“

In ihrem Solo-Programm wird Lotti Huber theatralisch aus ihrem Leben erzählen, eigene Gedichte vortragen, Chansons singen. Und wie ist das mit dem Wahrsagen? Diese Wissenschaft hat sie in den letzten Jahren entdeckt. Der Daumen des Fotografen ist schon mal ganz klar Indikator für impulsive „Dickköppigkeit“. Mein Daumen ist flexibler, mit Einschnitten in der Erfolgslinie. Gut, daß das niemand gehört hat. clak

Heute bis 17.3., 20.00, Th.im Schnoor