Traumziel Wohnen? Gemeinsam gegen die blanke Not

■ Hearing von Grünen und neugegründetem 'Wohnungspolitischem Netzwerk‘ / „Wohnungsquote für Benachteiligte“ gegen „eigene Verantwortung“

Immer mehr Menschen haben immer weniger und überhaupt keine Chancen mehr, auf dem Wohnungsmarkt auch nur die Konkurrenz antreten zu können. Gestern gab es das Hearing „Wohnen ein Traumziel?“, und mindestens zwei Ergebnissse lassen sich

schon mal festhalten. Erstens gibt es bei den VerwalterInnen des Wohnungsmangels künftig Kooperation statt Konkurrenz. Die Vereine und Initiativen, die sich um Benachteiligte und allmählich Hoffnungslose - auf dem Bremer Wohnungsmarkt küm

mern - also um: Behinderte, Flüchtlinge, psychisch Kranke, mißhandelte Frauen, Junkies, Obdachlose, Strafentlassene, Sozialhilfe-EmpfängerInnen, StudentInnen - haben sich zusammengeschlossen zum „Wohnungspolitischen Netzwerk“ und mit den Grünen gleich das Hearing veranstaltet. Anstatt sich auf dem knappen Wohnungsmarkt gegenseitig die spärlichen Angebote wegzuschnappen, wollen sie künftig arbeitsteilig kooperieren und politische Power entwickeln.

Zweitens: die wohnungspolitischen Forderungen von Grünen und Netzwerk: Der Senat soll billige Sozialwohnungen auch mit kleinen Grundrissen bereitstellen, neubauen und instandsetzen. Nicht nur Aus-und ÜbersiedlerInnen, sondern auch die Wohn-Benachteiligten sollen per fester Quote einziehen dürfen. Sozialwohnungen sollen nicht weiter privatisiert werden - auch nicht an die MieterInnen, sondern für Bedürftige bereitstehen. „Zweckentfremdung“ durch Leerstehenlassen oder durch gewerbliche Nutzung muß aufgespürt werden. Deponate und Maklerkosten sollen nicht nur in Einzelfällen, sondern grundsätzlich Sozialhilfe -EmpfängerInnen erstattet werden, um sie überhaupt konkurrenzfähig zu machen; die augenblicklich anerkannte Mietobergrenze von 430 Mark sei geradezu ein Witz. Auch private Eigentümer, so der Grüne Horst Frehe, gehörten einbezogen in den „Vertrag zur Unterbringung

von Wohnungsnotständen“, damit sie einen Teil ihrer Wohnungen Wohnungslosen zur Verfügung stellen. In den nächsten 10 Jahren fallen 40.000 Sozialwohnungen aus der Bindung - Rekommunalisierung statt Privatisierung wurde gefordert.

Dann die Sozialpolitikerinnen aller Fraktionen. Roswitha Erlenwein (CDU) wollte Wohneigentum und Umbau fördern, durchaus auch Bußgelder für Zweckentfremdung verhängt wissen. Ihre Sozialpolitiks-Kollegin Annegret Pautzke (FDP) bekannte

kroß: „Beschlagnahme von leerstehendem Wohnraum kommt für Liberale nicht in Frage„; und Makler und Deponatsgebühren sollte als „gewisse Eigenfinanzierung selbst den Ärmsten abverlangt werden, damit er eigene Verantwortung hat“. Für die regierende SPD unterstrich Marion Poppen vor allem die „unheimlichen Schwierigkeiten“ und Unmöglichkeiten der Beschlagnahme und Fehlbelegungs-Abgabe. Sozialamts -Abteilungsleiter Leppin wollte die alte Forderung der Mietobergrenzen „prü

fen“ und warnte vor grundsätzlich zu übernehmenden Makler -und Deponatsgebühren. „Bestürzende Probleme“ hatte Referent Hübner aus dem Bauressort auf dem Hearing ausgemacht. Seine Zahlen: 5.400 Mal wurden 1989 Wohnungs-Notstände bescheinigt, davon aber nur die Hälfte untergebracht. Nur eine halbe Verwaltungskraft recherchiert derzeit den schon 40 angezeigten Fällen von Zweckentfremdung hinterher. Bisher verhängte Bußgelder: keine.

Susanne Paa