Öko-Abgaben sollen Kommunen helfen

■ Grüne Umweltdezernenten aus vier Großstädten sehen Einführung von Umweltsteuern mit gemischten Gefühlen entgegen Versickern die Einnahmen im Bundeshaushalt? / Eigenes Konzept für ökologischen Abgabenkatalog gestern in West-Berlin vorgestellt

Berlin (taz) - Die grünen Umweltdezernenten aus West-Berlin, Frankfurt, Hannover und Bielefeld befürchten, daß die bundesweit diskutierten Öko-Steuern und -Abgaben zum Objekt zentralistischer Begierden der beiden großen Parteien verkommen. Nach einem gemeinsamen Treffen in Berlin erklärte gestern Umweltstaatssekretär Klaus Groth, alle in Bonn diskutierten „globalen Konzepte“ trügen die Gefahr in sich, daß beträchtliche Öko-Mehreinnahmen irgendwo im Bundesetat versickern. Sie müßten jedoch dort zweckgebunden verwendet werden, wo sie am dringendsten gebraucht werden: in den Kommunen. Die von der SPD-Kommission „Fortschritt 90“ und Bundesumweltminister Töpfer in den vergangenen Monaten vorgestellten Denkmodelle seien eher geeignet, den Spielraum der kommunalen Selbstverwaltung weiter einzuengen, als ihn im Interesse des Umweltschutzes zu entfalten, meinte der Frankfurter Umweltdezernent Tom Koenigs. In vielen Bereichen, wie Wasserversorgung, Müllentsorgung, Altlasten oder Flächensanierung, würden den Kommunen immer mehr Aufgaben übertragen. Dies sei solange begrüßenswert, wie die Dezentralisierung der Kompetenzen mit einer finanziellen Stärkung der Gemeinden einhergehe.

Mit einem eigenen Konzept wollen die grünen Umweltdezernente - neben Groth und Koenigs, der Bielefelder Uwe Lahl und Hans Mönninghoff aus Hannover - nun im Deutschen Städtetag und über den Bundesrat initativ werden. In einem von Lahl formulierten „Diskussionsentwurf“ werden Abgaben auf Energie und Luftschadstoffe verlangt. Eine „Flugtreibstoffabgabe“ soll zugunsten der Bahn erhoben werden. Außerdem verlangen die Umweltdezernenten eine Spezialabgabe, die eine weitere Bodenversiegelung belasten und unter anderem den Kommunen zur „Entsiegelung“ nicht mehr genutzter Industrie- und Verkehrsflächen zugute kommen soll. Weiter müsse die Abwasserabgabe erheblich gesteigert und differenziert werden.

Grundgedanke der Vorstellungen der Umweltdezernenten ist es nach den Worten Lahls, mit jeder Abgabe nicht nur neue Belastungen, sondern gleichzeitig „Verhaltensalternativen“ zu schaffen. Wer sich umweltgerecht verhalten wolle, müsse dies auch können und dafür belohnt werden. Im Gegensatz zu den insbesondere in der SPD diskutierten Vorschlägen nehme man bewußt in Kauf, daß die Einnahmen aus Umweltabgaben allmählich schrumpfen, wenn die Maßnahmen im Sinne des Umweltschutzes erfolgreich seien. Mönninghoff ist zuversichtlich, daß die Vorschläge, abgesehen von Details, im Städtetag parteiübergreifend auf breite Zustimmung stoßen.

Gerd Rosenkranz