König Momper ab nach Sanssouci?

■ Ost-SPD: Potsdam soll Landeshauptstadt für Berlin und Brandenburg werden / Senat hat ähnliche Pläne / Grund: „Aggressionen“ der Brandenburger gegen Berlin

Wenn es nach dem Senat und der Ostberliner SPD geht, dann wird Berlin bald von Potsdam aus regiert. Das sei für ihre Partei bereits „klar“, verkündete gestern die Ostberliner SPD-Vorsitzende Anne-Kathrin Pauk. Voraussetzung ist allerdings, daß die SPD ihren Plan durchsetzt, ein gemeinsames Land aus Berlin und Brandenburg zu schaffen. Potsdam müßte dann Landeshauptstadt werden, nicht der „Moloch Berlin“, sagte Pauk.

Auch im Senat geht - wie die taz erfuhr - die Tendenz eindeutig in Richtung Potsdam als Landeshauptstadt. AL -Umweltsenatorin Schreyer hatte sich kürzlich bereits öffentlich dagegen ausgesprochen, Berlin zur Landeshauptstadt zu machen. Und jetzt schon wird in Potsdam die vom Regionalausschuß beschlossene gemeinsame Planungsbehörde für Berlin und das Umland angesiedelt.

Während viele Westberliner die Last der Hauptstadtfunktion fürchten, sind die gut 100.000 Potsdamer über den Bedeutungszuwachs für ihre Stadt offensichtlich hoch erfreut. Im Rat der Stadt war gestern Nachmittag zwar niemand mehr zu erreichen, eine Sprecherin der einflußreichen Bürgerinitiative Argus äußerte sich aber eindeutig positiv: „Für uns spricht alles dafür, Potsdam zur Landeshauptstadt zu machen“, sagte Carola Stabe zur taz. In ihrer Stadt sei die Hauptstadtdebatte schon im Gange. Ihre Argumente: Jetzt schon sei Potsdam als Bezirkshauptstadt mit vielen Bürogebäuden ausgestattet. Auch die repräsentativen Bauten der alten SED-Bezirksleitung stünden zur Verfügung.

Ein „Angebot“ an die Brandenburger, das die „Emotionen“ gegen das von der alten SED-Führung stets bevorzugte Berlin dämpfen könnte, sei einfach nötig, bekräftigte Pauk gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem geschäftsführenden Vorsitzenden der Westberliner SPD, Hans -Georg Lorenz.

„Ungerechtigkeiten“ werde es im Zusammenwachsen der Region sowieso geben, gestand Lorenz ein. So müßten beispielsweise die Einkommen in Ost-Berlin rascher auf Westberliner Niveau gehievt werden, als in der übrigen DDR. Es sei „schwer vorstellbar“, daß ein Busfahrer im Stadtbezirk Mitte auf Dauer weniger verdiene als sein Kollege in Kreuzberg. Mit Blick auf die Aufgaben, die Berlin nur mit dem Umland lösen könnte, wäre es trotzdem „kurzsichtig“, ein Land Großberlin unter Ausschluß von Brandenburg zu gründen, warnte Lorenz. In einigen Bereichen, etwa bei der Kontrolle der Mieten, seien aber auch für den Ostteil der Stadt „Sonderregelungen“ nötig. Die Westberliner Mietpreisbindung würde in Ost-Berlin „überhaupt nicht ausreichen“, sagte Lorenz. An der Arbeit des Regionalausschusses äußerten Lorenz und Pauk Kritik. Kritik am Regierenden Momper wollte die SPD-Chefin in diesem Zusammenhang nicht üben. Aber König Momper muß sich jetzt sowieso überlegen, ob er Stadtoberhaupt im Rathaus Schöneberg bleiben will - oder als Landesfürst ins Schloß Sanssouci zieht.

hmt