Berliner Kitastreik

Für die Berliner Kindertagesstätten haben der Platzausbau, die Verbesserung der dortigen Arbeitsbedingungen und die Steigerung der pädagogischen Qualität des Erziehungsangebotes Priorität. (Berliner Koalititonsvereinbarungen zwischen SPD und AL vom 13.3.1989)

Ein hohes Lob den Abgeordneten, denen es gelang, den Senat zum Verhandeln zu veranlassen. Ein Lob den Gewerkschaften, die seit nahezu neun Wochen einen Streik in einem traditionellen Frauenarbeitsbereich finanzieren.

Dieser Streik entspricht jedoch nicht den üblichen Ritualen von Arbeitskämpfen, hier wurden keine Muskeln gezeigt, und es standen keine Räder still. Dieser Streik setzte auf weibliche Ausdauer. Trotzdem gibt es Momente, die wir wieder erkennen: lautstarke Konfliktrhetorik zwischen den Verhandlungsführern, das Starren auf Mitgliederzahlen auf seiten der Gewerkschaften.

Ungewohnt ist allerdings der fehlende Verhandlungsspielraum, und sichtbar wird hier die fehlende Arbeitskampferfahrung im reproduktiven Bereich. Spät, spät streikte zaghaft die BSR. Die BVG hätte vor Wochen mit einer halben Stunde täglich Wunder wirken können. Das gewerkschaftliche Arbeitnehmerpatriarchat denkt und zieht eben nicht mit.

Allzu lange schon dauert die unheilige Allianz zwischen ÖTV -/GEW-Spitze und rot-grünem Senat: Die Verhandlungspolitik der Arbeitnehmervertreter ermöglicht dem Senat, die nationale Scheuklappe aufzubehalten und handlungsunfähig wie das Kaninchen auf den 18.März zu starren. Der Senat seinerseits erlaubt den Gewerkschaften, selbst bei einer potentiellen Niederlage frauenpolitisch groß rauszukommen.

Ein düsteres Szenario erscheint vor Augen beim Gedanken an die möglichen Konsequenzen eines Scheiterns der Verhandlungen oder eines für die ErzieherInnen unbefriedigenden Ausgangs. Die ErzieherInnen kehren nicht an ihre Arbeitsplätze zurück, die Kitas schließen, der Senat spart viel Geld, und in der Wirtschaft werden Erwerbsarbeitsplätze frei - als allererste die der Alleinerziehenden. Wieviele Männerprobleme könnte dies auf einen Streich lösen!

Die Regierung ist gut beraten, großzügig in den Verhandlungen vorzugehen, damit der ErzieherInnenberuf wieder attraktiver wird.

Für die Frauenbewegung könnte der Streik ein Anlaß sein, ihr Verhältnis zu den Gewerkschaften zu klären und zu radikalisieren.

Die Reife der Kollegen - gemessen am Grad kultureller Väterlichkeit - erfordert einen „nationalen Männerförderplan, Herr Momper.

FrauenfrAKTION und Weiberwirtschaft: Sabine Bohle, Berlin