Türkische Armee überfiel Trauerzug

Istanbul (taz) - In der Stadt Nusaybin nahe der syrischen Grenze kam es gestern zu schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischem Militär und der kurdischen Bevölkerung. Straßenkämpfe brachen aus, nachdem das Militär Warnschüsse auf eine Trauergemeinde eröffnet hatte. Die ca. 6.000 TeilnehmerInnen hatten sich geweigert, den Trauerzug aufzulösen. Augenzeugen berichten, daß daraufhin Militär und Polizei mit Knüppeln, Bajonetten und Schüssen gegen die Trauergemeinde vorging, während die Demonstranten Steine warfen. Dutzende Verletzte und 500 Festgenommene sind die Bilanz des blutigen Militäreinsatzes. Die Nachrichtenagentur 'afp‘ meldete unter Berufung auf Augenzeugen sogar, der Einsatz habe acht Todesopfer gefordert. Da die Militärlaster nicht ausreichten, um die Verhafteten zu Militärstützpunkten abzutransportieren, wurden städtische Linienbusse eingesetzt. Über Lautsprecher wurde die Bevölkerung aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Weitere Militäreinheiten wurden nach Nusaybin abkommandiert. Die Vorfälle begannen im Zuge der Beerdigung von Kamuran Dündar, der am Dienstag als „Separatist“ vom türkischen Militär erschossen worden war. Der Tote genoß hohe Popularität unter der Bevölkerung. Der Bürgermeister der Stadt, Müslim Yildirim, beschuldigte Militär und Polizei, die Vorfälle provoziert zu haben. In der Stadt herrscht Ausgangssperre.

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