Auch Journalisten tragen Verantwortung

■ Betr.: „Plastikpatienten gegen Aids-Angst“, taz vom 1.3.90

Sehr geehrte Damen und Herren

Es ist schon das zweite Mal, daß die taz in ihrer Berichterstattung über das Thema HIV und Aids in Zusammenhang mit unserer Ausstellung „Aids geht jeden an“ weit daneben greift, undifferenziert in der Darstellung und zuweilen in „Bild Zeitungs-Journalismus“ verfällt.

Wir haben von der Autorin eine der Thematik entsprechende Darstellung erwartet. Auf dem Hintergrund von zwei Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit in der Aids-Hilfe sollte sie wissen, daß Präventionsarbeit ein äußerst schwieriges Arbeitsfeld ist und Überschriften wie „Plastikpatienten gegen Aids-Angst“ oder „Weiterbildung für Sexanfänger“ keine adäquaten Formeln dafür sind.

Wir möchten deswegen zwei Bereiche der Ausstellung., die in dem Artikel falsch dargestellt wurden, hier aus unserer Sicht kommentieren und richtig stellen.

Die „Plastikpatientin“ ist nicht hinter Stellwänden der Ausstellung versteckt, sondern gehört zum Bereich „Arbeitsplatz im Krankenhaus“, der nur für Ärzte/Ärztinnen und Pflegekräfte des Krankenhauses konzipiert ist und sich mit dem Themenschwerpunkt Arbeitsschutz befaßt und nicht ausschließlich auf HIV/Aids bezogen.

Die Phantompuppe, die als gebräuchliches Lehrmittel in der Krankenpflegeschule Anwendung findet, soll den Besuchern der Ausstellung nicht die Angst vor einer HIV-Infektion nehmen, sondern dieser Bereich der Ausstellung dient dazu Arbeitssituationen im Krankenhausalltag realistisch darzustellen, einschätzen zu lernen, um sinnvollen Arbeitsschutz zu propagieren.

Was die Autorin mit der „Weiterbildung für Sex-Anfänger“ meint, wird uns nicht deutlich.

Der Bereich „Freundschaft, Liebe, Sexualität“ als ein neu gestalteter Schwerpunkt in der Ausstellung ist falsch dargestellt, wenn die angesprochenen jungen Erwachsenen/Jugendlichen als noch übende Menschen in der Sexualität beschrieben werden.

Dies kommt einer Herabstufung gleich.

Ihr da unten auf der Erfahrungsleiter Sexualität, die Erwachsenen hier oben. Wir haben den Bereich gestaltet „in dem Sinne junge Erwachsene/Jugendliche aufzufordern, Freundschaft, Liebe, Sexualität verantwortungsvoll zu leben, auch und besonders angesichts der Bedrohung durch HIV und Aids. Junge Menschen schaffen es leichter, in einem offenem Klima ihre Sexualität verantwortungsvoll zu leben. In diesem Klima wird es auch möglich sein, über das Thema Aids zu sprechen und sich vor Infektionen zu schützen, zietiert aus der Presserklärung des Senators für Gesundheit zur Eröffnung der Ausstellung).

Die von der Journalistin zu verantwortende Berichterstattung ist für die in Bremen geleistete Präventionsarbeit eher schädigend als dienlich.

Auch Journalisten stehen in der Verantwortung ein für Aufklärung geeignetes Klima zu schaffen. Selbstverständlich brauchen Maßnahmen der Selbsthilfegruppen und staatlicher Institutionen auch eine kritische, konstruktive Kommentierung.

Die Mitarbeiter der Aids-Beratungsstelle des Hauptgesundheitsamtes Bremen u.a.

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