Pack die Einkaufstasche ein!

■ Bei Schönefeld soll ein riesiges Einkaufszentrum entstehen / Kölner Immobilienfirma hat bereits einen Nutzungsvertrag für 40 Hektar Ackerland / Auch die Gemeinde ist einverstanden / Anwohner hoffen auf Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze / Proteste in West-Berlin

Die Bewohner von Britz, Buckow und Rudow können schon mal den Einkaufskorb in den Kofferraum packen. Vor den südlichen Toren der Stadt, zwischen Diepensee und Waltersdorf, soll auf 40 Hektar Ackerland ein riesiges Einkaufszentrum entstehen. Nur einen Kilometer östlich des Flughafens Schönefeld will die Kölner Immobilienfirma ifp rund um einen Parkplatz für 4.000 Autos zwei SB-Warenhäuser, ein Bekleidungs-, ein Möbel- und ein Gartencenter gruppieren, dazu einen Baumarkt und eine Tankstelle. So geht es aus einer der taz vorliegenden Bauvoranfrage der ifp hervor. Bereits am 1. März hat die Firma einen Nutzungsvertrag mit dem Landwirtschaftsbetrieb VEG Wassmannsdorf abgeschlossen. Während der VEG-Direktor gestern nicht zu Auskünften bereit war, bestätigte der zuständige Diepenseer Abteilungsleiter, Kurt Steinke, die Pläne: „Ja, da habe ich Abgang.“ Auch der Rat der Gemeinde Waltersdorf, zu dessen Gemarkung das Grundstück gehört, hat am 20. Februar sein Einverständnis erklärt. Auf Antrag des VEG habe man keine Bau-, aber eine Standortgenehmigung erteilt, wurde der taz von einer Ratsmitarbeiterin bestätigt.

Den betroffenen Dörfern erscheint das Einkaufsparadies als ein Geschenk des Himmels. Die Anwohner freuen sich auf die verbesserten Einkaufsmöglichkeiten; der Bürgermeister von Diepensee, Peter Griephan (PDS) hofft für die „Infrastruktur“ seiner Gemeinde. „Und es schafft Arbeitsplätze“, meint Griephan, der allerdings erst durch die taz von den Bauplänen erfuhr. 1.500 Arbeitsplätze will das ifp nach eigenen Angaben schaffen. Das Versprechen, „sämtliche Leistungen und Arbeiten“, die bei dem Bauprojekt anfallen, vor Ort zu vergeben, ist allerdings mit einem Nebensatz versehen: Es gilt nur, „sofern dies in das von uns kalkulierte Preisgefüge paßt und die entsprechenden Kapazitäten auch entsprechend der vorgesehenen Bauzeit vorhanden sind“.

Die VEG Wassmannsdorf, die über insgesamt 5.800 Hektar Land verfügt, kann den „Abgang“ von 40 Hektar mühelos verkraften. „Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen“, so Abteilungsleiter Steinke, lohne eine Bewirtschaftung vieler Landwirtschaftsflächen sowieso nicht mehr, weil die Ackerqualität zu schlecht sei. Neben dem Hypermarkt hat die VEG deshalb weitere Pläne: Auf einem Ackergelände des VEG in Klein-Ziethen soll ein Golfplatz angelegt werden; der Pachtvertrag mit einem Westberliner Club sei bereits unter Dach und Fach. Ein Reitsportclub und Modellflieger aus West -Berlin hätten sich ebenfalls angemeldet. Ein „bißchen in Aufregung“ wegen der Aktivitäten der Betriebsleitung sei er schon, gestand Steinke: „Aber die rechnen das schon vernünftig durch.“ Für das ifp rechnet sich das Vorhaben sicherlich. Weil Platz im Überfluß vorhanden ist, sind „grundsätzlich nur eingeschossige Bauten“ geplant.

In West-Berlin stieß das Vorhaben gestern auf heftigen Protest. In den Augen der AL-Fraktion wäre es ein „katastrophales Signal“, würde diese „flächenfressende Planung“ verwirklicht. „Neue Verkehrsströme“ würden erzeugt, warnte der AL-Abgeordnete Michaelis. Dem Regionalausschuß liegen mittlerweile etwa 400 Anfragen von Investoren vor, die sich gerne Flächen im Berliner Umland unter den Nagel reißen möchten. Die Vorhaben reichten vom Supermarkt, über Lagerplätze, Hotels bis hin zu Golfplätzen, heißt es in der Senatsumweltverwaltung. Die Behörden in den Bezirken Frankfurt/Oder und Potsdam haben allerdings längst den Überblick über die zahllosen Gespräche und Absprachen verloren, die westliche Investoren mit Gemeindevertretern führen. Manche Gemeinden hielten sich leider nicht an die „Empfehlung“, solche Investitionsvorhaben dem Regionalausschuß vorzulegen, bedauerte Umweltsenatorin Schreyer auf einer Diskussionsveranstaltung am Donnerstag abend. Nach 40 Jahren Zentralismus seien es die Kommunalpolitiker einfach „leid“, auf Vorschriften von oben zu hören.

hmt