Kaum Proteste gegen Irak

■ Nach der Hinrichtung des britischen Journalisten Bazoft hat die EG protestiert, doch keine schmerzhaften Sanktionen verhängt

London (taz) - Großbritannien und die anderen Mitgliedsländer der EG haben die Hinrichtung des iranisch -britischen Journalisten Farzad Bazoft im Irak zwar scharf verurteilt, von Sanktionen jedoch Abstand genommen. Die britische Regierung rief nur ihren Botschafter aus Bagdad zurück und verschob eine Handelsreise. Außerdem wurden sechs irakische Studenten, die sich zur Militärausbildung in Großbritannien aufhielten, des Landes verwiesen. Die irakische Regierung hat zu Demonstrationen gegen London aufgerufen, dem sie „Kolonialismus und Barbarei“ vorwirft.

Bazoft war im September auf Einladung der irakischen Regierung nach Bagdad gereist, um für die Wochenzeitung 'Observer‘ über die Wahlen im „autonomen“ Kurdengebiet zu berichten. Gleichzeitig wollte er über die Hintergründe der Explosion in einer Militäreinrichtung bei Bagdad recherchieren. Deshalb wurde er am Samstag unter dem Vorwurf der „Spionage für Israel“ zum Tode verurteilt und am Donnerstag früh hingerichtet.

Premierministerin Margaret Thatcher nannte die Hinrichtung einen „Akt der Barbarei, der allen zivilisierten Menschen zutiefst widerwärtig ist.“ Außenminister Douglas Hurd lehnte Wirtschaftssanktionen oder den Abbruch diplomatischer Beziehungen jedoch ab. Der Irak ist einer der wenigen Handelspartner, bei denen Großbritannien ein Außenhandelsplus verzeichnet - fast eine Milliarde DM im vergangenen Jahr. Umgekehrt ist Großbritannien der drittwichtigste Handelspartner des Iraks. Die beiden Länder haben sogar ein informelles Abkommen geschlossen, wonach sich der Irak verpflichtet, keine „terroristischen Aktionen auf britischem Boden“ zu unternehmen. Britische Firmen mit Geschäftsbeziehungen zu Bagdad begrüßten die Entscheidung, auf Wirtschaftssanktionen zu verzichten. Lord Tombs, Aufsichtsratsvorsitzender von Rolls Royce, verwies darauf, daß Großbritannien schließlich auch den Handel mit China nach dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz aufrechterhalten habe.

Ralf Sotscheck