Der Wahlsieger (Ost)

Lothar de Maiziere, CDU-Vorsitzender, ist vermutlich der nächste und letzte Ministerpräsident der DDR  ■ K U R Z B I O G R A P H I E

Ost-Berlin (afp/ap) - Die Strategie des CDU-Vorsitzenden Lothar de Maiziere, nach der Wende ganz hart mit der Vergangenheit als Blockpartei abzurechnen, hat sich ausgezahlt. Er war der einzige, der öffentlich darlegte, daß die SED die Ost-CDU mit Geldkoffern zu finanzieren pflegte. Ob der sensationelle Wahlsieg am Sonntag darauf zurückzuführen ist, muß allerdings noch ermittelt werden.

Im November löste er den diskreditierten Gerald Götting als Chef der Partei ab, der er 1956 begetreten war, zu deren Spitze er aber stets Distanz gewahrt hatte. Kein Vorsitzender einer anderen Partei machte bisher auf solch drastische Weise einem Parteitag deutlich, daß der demokratische Neuanfang einer von SED-Treue, Korruption und Amtsmißbrauch belasteten Partei schwer sein werde. Und unter donnerndem Applaus des Parteitages hatte er im Dezember vergangenen Jahres in Ost-Berlin ausgerufen, auch die CDU der DDR gehöre zum Volk, das „unter dem System gelitten“ habe.

Der 50 Jahre alte gelernte Musiker und Jurist sowie langjährige Vorsitzende der evangelischen Bundessynode der DDR stammt aus einer in Ost und West verzweigten Hugenottenfamilie und ist als Minister und Stellvertreter von DDR-Ministerpräsident Hans Modrow zuständig für Kirchenfragen. Die Vorbehalte der CDU im Westen, die mit der Partei vier Jahrzehnte nichts zu tun haben wollte, hat er weitgehend überwunden.

De Maiziere ist Vater von drei Töchtern, seine Frau ist Oberschwester. Sein Vater war Jurist und in der französischen Gemeinde in Ost-Berlin aktiv. Jahrelang hatte Clemens de Maiziere für den Wiederaufbau des Französischen Doms am ehemaligen Gendarmenmarkt gestritten, die Wiedereröffnung aber nicht mehr erlebt. Seine Schwester ist Pfarrerin in Aschersleben im Harz, sein Bruder Grafiker in Ost-Berlin und eine weitere Schwester Lehrerin in München. Sie war schon vor dem Mauerbau aus der DDR weggegangen.

Seine familiären Verbindungen in den Westen reichen aber weiter. Sein Onkel ist Ulrich de Maiziere, früherer Generalinspekteur bei der Bundeswehr. Sein Vetter Thomas ist Sprecher der CDU in West-Berlin.