Skins überfielen Haus am Prenzlauer Berg

■ Nach einem Fußballspiel zogen rund 300 Skins in die Schönhauser Allee, um ein besetztes Haus anzugreifen / Volkspolizei war mit dieser bisher unbekannten Form von Randale überfordert / Westberliner ohne viel Federlesens über die Grenze nach West-Berlin abgeschoben

Letzten Samstag kam es in Berlin-Prenzlauer Berg erneut zu einem Überfall von Skins auf das besetzte Haus in der Schönhauser Allee 26. Die Volkspolizei fühlt sich angesichts der gehäuften rechtsradikalen Übergriffe auf Einrichtungen der „linken Szene“ überfordert.

Nach dem Fußballspiel im Jahn-Sportpark FC Berlin gegen Energie Cottbus, bei dem es schon zu massiver Randale kam, seien rund 300 Rechtsextremisten in Richtung Dimitroffstraße marschiert, berichtete uns Oberstleutnant Moche, der Leiter der VP-Inspektion Prenzlauer Berg. Mehrere Schaufensterscheiben seien zu Bruch gegangen, und zeitweilig sei der Verkehr stadteinwärts zum Erliegen gekommen. In der Schönhauser Allee angekommen, hätten die Skins Steine und andere Wurfgeschosse gegen das mit DDR-Fahnen beflaggte Haus geschleudert. Die BesetzerInnen hätten diese Attacke mit Steinen und Brandflaschen beantwortet.

Die Volkspolizei konnte anfangs die Ansammlung der Kahlköpfigen zerstreuen, sah sich Stunden später bei einem erneuten Ansturm auf das Haus jedoch überfordert, die Randalierer im Zaune zu halten. Oberstleutnant Moche berichtete, daß ein Polizist bei dem Versuch, einzelne Skins aus der Angreifergruppe herauszugreifen, schwer verletzt worden sei.

Die Zusammenarbeit zwischen West- und Ostberliner Polizei klappt bereits bestens, obwohl es dafür noch keinerlei rechtliche Grundlage gibt: Ein zu den Hausbewohnern gehörender festgenommener Westberliner wurde festgenommen und von Volkspolizisten in Handschellen bis zur weißen Demarkationslinie an einem Kreuzberger Grenzübergang geführt und dort an Westberliner Polizeibeamte übergeben. Nils R. wanderte flugs in den Knast. Der Grund: Er hatte eine Geldstrafe nicht bezahlt.

Nach Angaben von Rechtanwalt Ströbele war Nils R. verhaftet worden, als er mit den BesetzerInenn der Schönhauser Allee 26 versucht hatte, die Skinhead-Angriffe abzuwehren. Anschließend wurde Nils R. von den Volkspolizisten aufgefordert, die Namen der Personen zu nennen, die an der Auseinandersetzung mit den Skinheads beteiligt waren. Als er sich weigerte, machten die Vopos der Westberliner Polizei Mitteilung von der Festnahme und erfuhren bei dieser Gelegenheit, daß gegen Nils R. ein Haftbefehl vorliegt. Die Westberliner Polizeipressestelle konnte gestern lediglich bestätigen, daß die Ostberliner Kripo am Wochenende eine Anfrage bei hiesigen Polizeistellen getätigt hatte. Das Vorgehen der Polizeibehörden stieß bei der AL-Abgeordneten Lena Schraut auf heftige Kritik: Daß die hiesigen Beamten den Volkspolizisten Mitteilung von dem Haftbefehl gemacht hätten, sei „absolut rechtswirdrig“.

isa/plu