Standbild: Frischgewaschener Opti-Mist

■ Eine Frau klagt an. US-Fernsehfilm

(Eine Frau klagt an. US-Fernsehfilm, ZDF, 20.10) Wie nennt man sowas? Doku-Fiction. Nach einer wahren Begebenheit verdreht, die sich, in diesem Fall, vor etwa 20 Jahren in Texas zugetragen hat: Eine Frau klagt gegen das texanische Gesetz, das Schwangerschaftsabbruch verbietet. Die dokumentarischen Weihen bekommt dieser Fernsehfilm durch zwei, drei Jahreszahlen und Ortsangaben, die auf den Gang der gerichtlichen Ereignisse verweisen - der Rest ist Fiction, genauer gesagt: im buntkarierten, frischgewaschenen College-Stil gedrehter, hemdsärmlig -geradliniger Opti-Mist.

Ellen ist ledig, aber schwanger. Sie will ihr Kind, weil Abtreibung verboten ist, zur Adoption freigeben und erfährt auf der Behörde, daß eine junge Anwältin gegen das Abtreibungsverbotsgesetz zu Felde ziehen will, wozu sie aber eine schwangere Klägerin braucht. Ellen, die jobbend und ruppig vor sich hin lebt, will „endlich etwas Sinnvolles für andere tun“ und stellt sich als Klägerin zur Verfügung. Für Linda und Sarah, die Rechtsanwältinnen, brechen aufregende Zeiten an: Wie kleidet man sich zum Plädoyer? Wie verbirgt man vor der Klägerin, daß man noch niemals vor Gericht gestanden hat? Ellen, „das schwarze Schaf in der Familie, obwohl ich natürlich an Gott glaube“, wird derweil immer schwangerer und muß über dem Schneckentempo der Verhandlungen ihr Kind gebären, das sie zur Adoption freigibt. So ist die Gottgläubige fein heraus: Sie klagt für ihresgleichen, bleibt aber selber sauber und darf dafür auch, in Daddys Wohnung, nach einem Selbstmordversuch gefunden werden.

Unterdessen wälzt Linda Bücher für den entscheidenden Prozeß, aber sie kommt nicht richtig weiter. Wenn da nicht ihr Gatte wäre, der ihr erklärt, daß Föten noch keine juristischen Personen sind - nicht auszudenken, wo man in Texas heute stünde. Und schließlich naht der Entscheidungstag vor Gericht heran, Linda plädiert für das Recht der Frau auf Selbstbestimmung - und siehe: Hinter dem Richtertisch sitzen lauter Männer, denen es plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt: Tatsächlich! Bei Fehlgeburten wird ja kein Todesschein ausgestellt. Also lebt der Fötus juristisch nicht. Wie schön, daß Linda darauf hinweist. Und so hat ihre Freundin Sarah recht behalten: „Die ganze Frauenbewegung rechnet mit uns. Linda, du wirst phantastisch sein.“

Sybille Simon-Zülch