Weltpolitiker Pieroth

■ Elmar Pieroth (BRD) soll Wirtschaftsminister (DDR) werden

Ob die künftige DDR-Regierung gut beraten ist, einen ehemaligen Händler ekelhaft süßen Weines und wenig erfolggekrönten Westberliner Wirtschaftssenator zum Chef -Sanierer ihrer maroden Wirtschaft zu ernennen, mag dahingestellt sein. Es ist jedenfalls ihre höchst eigene Sache. Außerdem: Weil alles schlecht gewesen ist in der DDR, muß man doch auch die Minister aus dem (westlichen) Ausland importieren.

Elmar Pieroth zeichnet aus, immerhin schon einige Wochen seines 55jährigen Lebens herumreisend auf dem Boden der DDR verbracht zu haben. Und für einen zukünftigen Wirtschaftsminister ist nicht entscheidend, welchen Paß er in der Tasche hat, sondern welches Portemonnaie. Der Mann ist schließlich Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung und bringt die mittelständischen Unternehmer gleich diplomatenköfferchenweise mit. Die DDR wäre zudem nicht das erste Land, das einen Bürger eines fremden Staates nur deswegen zum Minister kürt, weil er mehr Geld reinschleppt als er kostet. Die Republik Zaire hat der DDR übrigens direkter vorgemacht, wie man Quellen am besten dadurch anzapft, daß man sie im eigenen Land zum Sprudeln bringt: Der schwarz-afrikanische Staat bestallte gleich einen Vertreter des Internationalen Währungsfonds zum Minister.

Und wohin man schaut, ob in die Zukunft oder in die Vergangenheit - Elmar Pieroth befindet sich in Gesellschaft. Die zunächst befremdlich anmutende Tatsache, daß er für sein Ministeramt in ein anderes Land wechseln muß, hat ihm kein geringerer als der Freiherr vom Stein vorgemacht. Der brachte es zum Minister am russischen Zarenhof. Mit einer Übergabe in westdeutsche Politikerhände hätte dieser Personalcoup natürlich nichts zu tun, wenn Pieroth als ehemaliger Dealer flüssiger Drogen nun in Ost-Berlin Minister wird und dort allein schon aus Eigeninteresse die Währungsunion kräftig vorantreiben muß. Wer will schon sein Minstergehalt in Alu-Chips ausgezahlt bekommen?

Elmar Pieroth, der Weltpolitiker, hat anachronistische Ländergrenzen und kleingeistiges Nationalstaatsdenken längst überwunden! Seine Ministerkür weist völlig neue Perspektiven auch für die Bundesrepublik: ein Bundespräsident Mandela, ein Kanzler aus der Tschechoslowakei oder eine Justizministerin aus den Niederlanden - bitte schön, warum nicht? Elmar Pieroth hat vorgemacht, wie man über alle Staatsangehörigkeitsfragen und Grenzen hinweg an fremder, höchster Stelle politisch tätig werden kann. Nur einen klitzekleinen Widerspruch gibt es da noch: daß seine eigene Partei und er, der nun im (Noch-)Ausland regieren soll, im eigenen Land immer so kräftig dagegen waren, daß Ausländer auch nur das geringste Bißchen wählen dürfen - geschweige denn regieren.

Vera Gaserow