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Bombenmüll aus den USA erst 1991

Aufwendige Vorbereitungen in den USA und Genehmigungsprobleme hierzulande verzögern den Antransport hochradioaktiven Atommülls für Endlagerversuche im Salzbergwerk Asse  ■  Von Dirk Seifert

Hamburg (taz) - Nicht 30, sondern 32 Glaskokillen mit hochradioaktivem Atommüll aus der US-Bombenschmiede Hanford sollen zu Endlagerversuchen in die Bundesrepublik transportiert werden. Voraussichtlich trifft die Lieferung aber erst im nächsten Jahr ein. Eine entsprechende Information der grünen Bundestagsabgeordneten Lilo Wollny und ihres Mitarbeiters Heinz Laing bestätigte der Sprecher des Bonner Forschungsministeriums, Rainer Jansen.

30 der „Versuchsquellen“ für umgerechnet etwa 40 Millionen DM sollen, wie Ende letzten Jahres bekannt wurde, über den Hamburger Hafen in das stillgelegte Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel geschafft werden. Die beiden restlichen hochaktiven Gebinde dienen, so Ministeriumssprecher Jansen, als „Vorlaufkokillen“ und sollen in der Kernforschungsanlage Jülich untersucht werden, um „Kriterien für Qualitätskontrollen“ zu entwickeln. Zweck der gesamten Aktion soll es sein, in einem fünf Jahre dauernden Versuch, die Reaktionen von Salz auf radioaktive Bestrahlung zu testen, um Aussagen über die Eignung von Salz als Endlagermedium machen zu können. Als einzigen Endlagerstandort für hochaktiven Atommüll „erforscht“ die Bundesregierung seit vielen Jahren den Salzstock in Gorleben.

AtomkraftgegnerInnen haben massive Zweifel angemeldet, ob das brisante Unterfangen überhaupt zu gesicherten Aussagen über die Endlagerfähigkeit führen kann. Der Hamburger Geologe Professor Eckhart Grimmel erklärte kürzlich, die Versuche seien so angelegt, daß die gravierenden Schwächen von Salz als Endlagermedium gerade nicht zutage träten.

Die 32 bereits im Jahr 1984 verglasten Gebinde a 150 Kilogramm enthalten 62 Kilo Cäsium 137, 28 Kilo Strontium 90, 79 Kilo Thorium 232 und immerhin noch 40 Gramm Plutonium 239 sowie weitere Radionuklide. Das geht aus der Antwort des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion hervor.

Kürzlich hat der Oberkreisdirektor des betroffenen Kreises Wolfenbüttel, Koneffke, eine atomrechtliche Genehmigung der Endlagerversuche in der Asse in Aussicht gestellt. Nach seinen Angaben wird diese in absehbarer Zeit vom niedersächsischen Wirtschaftsminister Hirche erteilt werden.

Bis Ostern solle auch geklärt sein, wo die hochaktiven Abfälle bleiben, falls aus technischen Gründen ein vorzeitiger Abbruch der Versuche erfolgen muß. Vorgesehen ist entweder die Zwischenlagerung in Gorleben oder „eine andere Möglichkeit im In- oder Ausland“. Ungeklärt ist auch die Frage, wo die Stoffe nach dem regulären Ende der Versuche bleiben. Das BMFT will den Müll solange im Transportbehälterlager in Gorleben unterstellen, bis irgendwann im 21. Jahrhundert ein taugliches Endlager zur Verfügung steht.

Für die Einlagerung der US-Gebinde muß jedoch ein Genehmigungsantrag für das Behälterlager gestellt werden, dessen Betriebsgenehmigung noch dazu seit Jahren gerichtlich blockiert ist. „Die Vorbereitungen dazu werden derzeit getroffen“, heißt es lakonisch in Bonn. Pikant, daß die Betreiberin der Asse, die Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung (GSF), die Asse II als Endlager hochaktiver Abfälle für untauglich hält.

Nicht ganz unerheblich, denn die Bundesregierung betont in ihrer Antwort auf die SPD-Anfrage gerade die Vergleichbarkeit zwischen der Asse und Gorleben: „Die Salzformationen der Asse sind ein typisches Beispiel norddeutscher Salzaufwölbungen. Daher repräsentiert die Asse in ihrer Entstehungsgeschichte, Salzzusammensetzung und Gesteinschichtenfolge auch den Salzstock Gorleben“, heißt es dort.

Daß die Versuche tatsächlich im Sommer beginnen, scheint unterdessen unwahrscheinlich, denn immer noch lagern die Versuchsquellen in den USA. Laing und Wollny, die vergangene Woche von einer Informationsreise aus den USA zurückkehrten, glauben nach Gesprächen mit Vertretern des US-amerikanischen Energiebehörde (DOE) in Hanford, daß frühestens im Januar 1991 mit dem Abtransport der brisanten Fracht aus den USA zu rechnen sei. Wie groß das Gefahrenpotential dieser Atomtransporte in den USA beurteilt wird, zeige sich daran, daß dort zur Zeit an speziellen Sicherheitsberichten gearbeitet wird. Zwei Transportalternativen werden geprüft. Von Hanford aus über Straße oder Schiene durch den US-Staat Oregon zum Hafen von Portland oder quer durch die USA zum Ostküstenhafen nach Houston (Texas). Für die Oregon-Strecke liegt ein vorläufiger Bericht bereits vor. Demnach soll die Bevölkerung entlang der Strecke über die Gefahren der Transporte informiert und mit Alarmübungen der zuständigen Katastrophenschutz- und Sicherheitsbehörden auf den Tag X vorbereitet werden. Die Energiebehörde in Oregon hat inzwischen die Bundesbehörde aufgefordert, drei Monate vor dem ersten Transport die zuständigen Stellen zu unterrichten.

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