„Die PDS ist unser politischer Gegner!“

■ Der AL-Abgeordnete Bernd Köppl zur Zusammenarbeit mit dem Bündnis 90 und den Grünen in Ost-Berlin / Enge Partnerschaft im Kommunalwahlkampf eine „Überlebensfrage für die AL“ / „Schlagkräftige Organisation“ aufbauen

taz: Wenn man die abgegebenen Stimmen der Abgeordnetenhauswahl und die Ostberliner Ergebnisse der Volkskammerwahl zusammenrechnet, dann gäbe es bei der Wahl eines Gesamtberliner Parlamentes weder für einen schwarz -gelben, noch für einen rot-grünen Block eine Mehrheit. Das Zünglein an der Waage wäre die PDS, die mit über zehn Prozent in ein noch zu bildendes Großberliner Parlament einzöge. Wie siehst Du auf diesem Hintergrund die rot-grüne Perspektive für Berlin?

Bernd Köppl: Dein Rechenspiel setzt vorraus, das die PDS in West-Berlin keine einzige Stimme bekommt. Das muß natürlich abgewartet werden. Aber es ist richtig: Die PDS wird hier sehr viel weniger Stimmen bekommen als auf der anderen Seite. Ich gehe aber davon aus, daß die Wahlentscheidung der DDR-Bürger vom letzten Sonntag ganz andere Gründe hatte, als sie bei der Wahl eines Gesamtberliner Parlaments eine Rolle spielen würden. Da gibt es dann eine völlig andere politische Grundlage für die Wahlentscheidung.

Die PDS, vor allem ihr Vorsitzender Gysi, kommt bei der westdeutschen Linken gut an. Bei einer Diskussionsveranstaltung in der TU am letzten Samstag, an der Gysi teilgenommen hatte, herrschte eine Stimmung wie bei einem Rockkonzert. Gysi als linker Superstar. Rechnest Du damit, das Linke aus der AL und aus anderen Gruppen jetzt eine PDS im Westen gründen?

Die hätten in West-Berlin keine Chance. Aber es ist schon interessant, daß die Leute, die bei der AL die striktesten Gegner von Personenkult und größten Vertreter der Rotation waren, nun mit glänzenden Augen einem neuen Superstar entgegen blinzeln. Das finde ich witzig. Zweitens amüsiert mich, das sich offensichtlich ein neues Bündnis zwischen schwarzem Block und schwarzem Kanal herausgebildet hat. Ich glaube, nicht daß das langfristig ein tragfähiges Bündnis ist.

Trotzdem gibt es bei einigen AL-Mitgliedern die Hoffnung, mit der PDS eine sozialistische Partei in der Bundesrepublik zu etablieren.

Ich glaube, daß die sich über den wahren Charakter der PDS hinwegtäuschen. Die PDS hat es auf der einen Seite geschafft, sich mit Gysi ein jugendliches, dynamisches Image zu verleihen. Aber hinter diesem Bild stecken nach meiner Meinung im wesentlichen die alten Kräfte. Auf der Wählerebene haben sie überwiegend die Stimmen der ehemals Priviligierten gesammelt. Das läßt sich sehr gut nachweisen, wenn man mal analysiert, in welchen Teilen Ost-Berlins die die meisten Stimmen bekommen haben.

Die AL hat bis zum 18. März mit allen Oppositionsgruppen der DDR, auch mit der PDS, auf gleichberechtigter Ebene geredet...

...Nein, das ist nicht richtig. Es gab eindeutige Bündnisaussagen zugunsten des Bündnis 90, zu den Grünen und zu dem unabhängigen Frauenverband. Mit den anderen reden wir zwar, aber das sind keine Bündnispartner. Das wurde zwar von einigen Kräften, besonders im geschäftsführenden Ausschuß der AL etwas vertuscht, aber es ist Mehrheitsmeinung in der AL, das die Bürgerrechtsbewegungen, die ökologischen Kräfte und der Frauenverband unsere Bündnispartner in der DDR sind. Schade ist es natürlich, das die in der DDR nicht besser abgeschnitten haben.

In Ost-Berlin kommen das Bündnis, die Frauen und die Grünen zusammen immerhin auf über neun Prozent.

Ja, in Berlin sind die am meisten verbreitet, weil hier viele Auseinandersetzungen, wie Mülltourismus, Luftverschmutzung und so weiter, ihren Ursprung hatten. Trotzdem haben die es in einer Situation, wo die DDR die fünfziger Jahre der BRD wiederholen will, sehr schwer. Da spielen ökologische Fragen leider keine so große Rolle. Deswegen kommt es für die AL darauf an, diese Gruppen noch massiver zu unterstützen. Und ich hoffe, daß das Bündnis 90 und die Grüne Partei ihren Vorbehalt gegen eine engere Zusammenarbeit mit der AL aufgeben und es zu einer engeren Kooperation kommt.

Die West-SPD hat am Dienstag angekündigt, sich intensiv in den Kommunalwahlkampf zum 6. Mai einklinken zu wollen. Was macht die AL?

Wir haben in diesen Wahlkampf eine Menge einzubringen. Letztendlich ist die AL immer eine kommunalpolitische Kraft gewesen, die sehr viel an neuen Ideen zum Autoverkehr, zum ökologischen Stadtumbau usw. erarbeitet hat. Ich denke, daß die Vorbehalte, die Gruppen aus Ost-Berlin uns gegenüber haben, überwunden werden sollten. Wir brauchen eine sehr viel engere Partnerschaft, um eine politisch schlagkräftige Organisation hinzubekommen. Letztendlich ist das auch eine Überlebensfrage für die Alternative Liste, denn Großberliner Wahlen sind nicht mehr allzu fern. Wir können nicht erst dann eine politische Organisation aufbauen, die muß jetzt im Kommunalwahlkampf mit uns geschaffen werden.

Eine klare Aussage der AL zugunsten des Bündnisses, der Grünen und der Frauen würde dann auch bedeuten, daß ihr im Wahlkampf gegen die PDS angeht? In der AL wir aber sehr viel von der „Opposition“ in der DDR geredet. Dieser Begriff macht doch alle gleich.

Von Teilen der AL wird das im Augenblick vermischt. Diese Vermischung ist aber nicht Beschlußlage der AL. Und auf der nächsten Mitgliedervollversammlung am Samstag sollte die AL das auch noch mal sehr klar stellen. Die PDS ist unser politischer Gegner.

Interview: CC Malzahn