Obelix, ein geschlechtsloses Wesen?

■ Urheberstreit um Asterix-Parodien / Verleger kämpft vor Gericht um Kunstfreiheit

München (taz) - Selbstzufrieden sitzt der dicke Obelix nackt auf der Wiese und liest in einem „Asterwix„-Heftchen. Hündchen Idefix kehrt ihm g'schamig den Rücken. Asterix und der Zauberer Miracolix schauen neugierig hinter den Bäumen hervor. So sieht und zeichnete der österreichische Karikaturist Manfred Deix den gemütlichen Gallier. Und so veröffentlichte der Münchner Verleger Hans Gamber in seinem „Saga-Verlag“ die Comic-Parodie zusammen mit Bildern von anderen Zeichnern anläßlich des „Asterix„-Jubiläums. Dem „großen Gallier“ gratulierten neben Deix auch die Karikaturisten Horst Haitzinger, Gerhard Seyfried und Ralf König. Weniger gern sieht der Rechtsanwalt Jochen Pagenberg das „erwachende sexuelle Interesse eines Obelix“. Pagenberg vertritt den französischen Vater der beiden Comic-Helden, Uderzo. „Sex war kein Thema bei Asterix und ist kein Thema“, insistiert der Klägeranwalt vor dem Landgericht MünchenI. Für die Gegenseite, vertreten durch den jungen Anwalt Gerd Hegemann, ist das gar nicht so klar. „Gegenstand des Originals ist ein geschlechtsloses Wesen, das in den Zaubertrank gefallen ist“, meint er und hält es für legitim, daß man „ein geschlechtsloses Wesen in ein geschlechtliches Umfeld setzt“. Damit kommt er bei Pagenberg freilich nicht durch. „Asterix hatte auch nie was mit Rauchen zu tun“, argumentiert dieser gegen den „Mißbrauch“. „Der Vergleich geht deshalb fehl, weil Sexualität etwas genuin Menschliches ist, Rauchen aber eine Unart“, kontert der junge Anwalt. Pagenberg beugt sich spontan vor: „Ah, Sie sind auch Nichtraucher!“ Damit hört die Verbindlichkeit aber auch schon auf. Gestritten wird freilich nicht primär um das Geschlechtsleben des dicken Hinkelsteinträgers. Vielmehr geht es um das komplizierte Verhältnis von Urheberrecht versus Kunst- und Meinungsfreiheit. Und da hört für den Franzosen Uderzo der Spaß auf. Seit einem Jahr prozessiert er gnadenlos mit dem Münchner Verleger Gamber. Der Streitwert ist mittlerweile auf 2,1 Millionen angestiegen. Es geht, wie Gamber betont, um den Kunstbegriff. „Wenn das verboten ist, gäb's von Andy Warhol auch keine Colaflaschen“, so der Verleger, bei den Parodien werde „der Zeitgeist aufgegriffen“. Und: „Wenn das nicht mehr möglich ist, ist Kunst nicht mehr möglich.“ Was in Sachen Urheberrecht tatsächlich möglich ist, dazu wird sich das Gericht Mitte Juni äußern, dann geht's in die nächste Instanz. Vorerst darf Obelix weiterhin Pornoheftchen lesen. Was der große Gallier nicht darf: nackt auf dem Titelbild der Jubiläumspersiflagen erscheinen und mit lüsternem Blick in die eigene Jubiläumsausgabe des „Saga-Verlags“ gucken. Freund Obelix würde dazu nur sagen: „Die spinnen, die...“

Luitgard Koch