Wer mogelt am besten?-betr.: "Mit uns gibt es keine Mogelpackung", taz vom 14.3.90

betr.: „Mit uns gibt es keine Mogelpackung“, taz vom 14.3.90

Der Senat kann einem Tarifvertrag über Gruppengröße und Personalausstattung in den Kitas nicht zustimmen, so sagen Sie, Herr Pätzold, weil sonst die Gewerkschaften mehr Einfluß auf das Budget haben als Regierung und Parlament und das in einem demokratischen Land. Das kann der Senat natürlich nicht zulassen. Nur, da mogeln Sie und nicht die Gewerkschaften.

Jeder Tarifvertrag mit einem öffentlichen Arbeitgeber, auch der über Löhne und Gehälter, bindet einen Teil des Budgets, über den Regierung/Parlament nur noch indirekt verfügen können, nämlich indem sie entweder keine neuen Stellen einrichten oder vorhandene streichen.

Diese Möglichkeit der indirekten Einflußnahme auf das Budget aber haben Regierung und Parlament auch dann, wenn Gruppengröße und Personalausstattung tariflich festgelegt werden. Sie können weiterhin mehr Erzieherinnen einstellen oder die Zahl so belassen, wie sie ist oder Stellen kürzen.

Mit einem Zusatztarifvertrag ergäbe sich nur ein Unterschied: An jeder Stelle hinge eine Kindergruppe. Im jetzigen Fall hieße das: viele Gruppen müßten wegfallen oder eine große Zahl an Erzieherinnen neu eingestellt werden. Darüber kann doch der Senat weiterhin entscheiden.

Er hat nur nicht mehr die Möglichkeit, seine finanz- und sozialpolitischen Entscheidungen auf dem Rücken der Erzieherinnen abzuwälzen. Bisher mußten die Erzieherinnen (oder die Krankenschwestern, Lehrerinnen und all die vielen Menschen, hauptsächlich Frauen, die im sozialpädagogischen Bereich tätig sind) immer dafür herhalten. Sie beginnen zu Recht, sich dagegen zu wehren und haben unsere vollste Unterstützung dafür. Sollte die BRD, eines der reichsten Länder der Welt, (und West-Berlin zählt doch angeblich sonst immer dazu, um gleich noch einigen anderen „Argumenten“, wie dem der Abhängigkeit vom Bund und dem möglichen Ausschluß aus der Tarifgemeinschaft, den Wind aus den Segeln zu nehmen) nicht in der Lage sein, für ihre Kinder und Erzieherinnen würdige und anständige Bedingungen zu schaffen, dann sollen gefälligst die Herren in den Parlamenten dafür gerade stehen und nicht die Erzieherinnen.für den AL-Lesbenbereich

Margot Wichniar