Absturz eines Viel- und Überfliegers

■ Spitzenmanager Lohr soll SEL um 600.000 Mark geschädigt haben - Teure Villa auf Mallorca

Stuttgart (ap) - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden des Stuttgarter Elektronikunternehmens Standard Elektrik Lorenz AG (SEL) Anklage wegen Untreue, Betrug und Steuerhinterziehung erhoben. Wie die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität am Donnerstag mitteilte, steht der 58jährige im Verdacht, private Ausgaben für seine Ferienvilla auf Mallorca mit fingierten Rechnungen auf Firmenkosten abgerechnet zu haben. Nach den Berechnungen der Ermittler entstand SEL ein Gesamtschaden von rund 600.000 Mark.

Gegen Lohr war bereits im Januar 1989 ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ergangen, der jedoch bis jetzt gegen Stellung einer Kaution von 2,5 Millionen Mark ausgesetzt ist. Nach einem am Donnerstag erschienenen Bericht der 'Stuttgarter Zeitung‘ muß sich auch Lohrs Ehefrau Franziska wegen Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten. Pressestaatsanwalt Wolfgang Schmid wollte dazu unter Berufung auf das Steuergeheimnis keine Angaben machen. Mit dem Beginn der Hauptverhandlung sei voraussichtlich erst gegen Ende des Jahres zu rechnen.

Wie Schmid weiter mitteilte, soll Lohr die SEL AG „unter Mißbrauch seiner Stellung“ dazu veranlaßt haben, „ihm über die vertraglich vereinbarte Vergütung hinaus auch private Aufwendungen zu bezahlen“. Insbesondere habe es sich dabei um Kosten für Flüge mit gecharterten Privatjets nach Mallorca sowie für Handwerkerarbeiten und Material zur Renovierung seines privaten Ferienhauses auf der Insel gehandelt. Der Manager habe veranlaßt, daß „in großem Umfang“ falsche Rechnungen erstellt wurden. Dies habe teilweise dazu gedient, private Aufwendungen als beruflich bedingt erscheinen zu lassen und sie so als Betriebsausgaben von SEL zu behandeln.