Mit Marketing zurück zur Natur

■ Fachtagung zur Extensivierung der Landwirtschaft

Ohne staatliche und EG-weite Lenkung funktioniert in der Landwirtschaft nichts mehr. Wenn der EG-Binnenmarkt kommt, werden noch mehr Lebensmittel quer durch Europa gekarrt, bevor sie an den Verbraucher kommen. Die Wettbewerbssituation wird die Bauern weiterhin zwingen, so zu produzieren, wie's am wirtschaftlichsten ist und den Verbraucher, das zu kaufen, was am billigsten ist. Zwei Variablen deuten daraufhin, daß es anders sein könnte: Die kollabierende Natur und das Verbraucherbewußtsein.

Auf einer Tagung zur Extensivierung der Landwirtschaft eingeladen hatte die Europäische Gemeinschaft, die Senatorin für Umweltschutz und Stadtentwicklung und die Umweltstiftung WWF-Deutschland - berieten Fachleute aus Umweltschutz, Landwirtschaft und Marketing (auf fünf Terminen zwischen Januar und vergangenem Donnerstag) über Möglichkeiten, Markt

zwängen und Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten.

Was kann einen Bauern, der mit Milchquoten und der Existenz kämpft, dazu bewegen, Öko-Milch zu produzieren? Er kann sich aus der Abhängigkeit staatlicher Einschränkungen und Subventionen befreien und einen neuen Markt erobern. Der Absatzmarkt für Lebensmittel aus kontrolliertem Anbau wächst. Nicht nur das „gesünder Leben“, sondern auch die „immaterielle Qualität“ von Bio-Anbau lockt immer mehr VerbraucherInnen auf die Pirsch nach Vorzugsmilch und Fleisch von glücklichen Tieren. Die immaterielle Qualität ist das Bewußtsein, der Umwelt Gutes zu tun.

Aber es gibt sie doch schon, die Naturkostläden und Erzeuger-Verbraucher-Koops? Nur: so lange es dort nicht immer alles gibt und der frustrierte Hausmann doch noch zum Supermarkt nebenan gehen muß, stimmt irgend etwas nicht. Die Vermarktung muß professioneller werden und gleichzeitig regional gebunden. So kann Öko-Kost auch billiger werden.

Und noch ein Problem: Ökologischer Landbau ist nicht automatisch Naturschutz. Beispiel Wümme-Wiesen: Hier sieht die

Naturschutzverordnung weitreichende Einschränkungen in der Bewirtschaftung vor: Dünger ist ganz verboten und damit die Frühlingsflora und - fauna sich entwickeln kann, muß später gemäht werden und das Weidevieh darf sich nicht drängeln.

Also nur mit Verbraucherbewußtsein, der richtigen Marketingstrategie und innovativem Bauerngeist ist es nicht getan. Umweltschutz und Lebensqualität schreien nach staatlicher Hilfe. Dänemark fördert bereits seit vier Jahren die Umstellung auf „Naturschutzmilch“ mit über 8 Millionen Mark im Jahr. Die Öko-Milch wird von derselben Firma abgefüllt und vertrieben wie die Standard-Frischmilch. Aber mehr als ein „Hoffen auf akzeptable Lösungen“ nehmen die TagungsteilnehmerInnen erst einmal nicht mit nach Hause - so charakterisierte jedenfalls Michael Werbeck, der Abteilungsleiter für Umweltschutz und Landschaftsflege bei der Umweltsenatorin, in seinem Schlußwort die Ergebnisse der Tagung. Die Sprachlosigkeit sei überwunden, aber es gäbe noch einiges zu tun, die Landwirtschaft in Einklang mit der Natur zu bringen. Fangt an!

Beate Ram