Bißchen Farbe für Vergewaltigte

■ Anstrich stattt Umzug: Kommissariat für Sittendelikte bleibt vorerst in alten Räumen

Für 28.000 Mark soll das 2. Kommissariat, zuständig für Menschenhandel, Pornografie, Zuhälterei und Sittendelikte, jetzt nach 10 Jahren mal neu angestrichen und ein bißchen saniert werden. Dieser Ort, an dem vergewaltigte Mädchen und sexuell mißhandelte Frauen ihre polizeiliche Aussage zu Protokoll geben müssen, ist dreckig, gespenstisch, düster und so hellhörig, daß auf den Fluren und in den Dienstzimmern ringsum mitgehört werden kann, wenn Kindesmißhandler, Vergewaltigte oder Pornohändler aussagen; Vergewaltigte und Täter warten am selben Tisch auf ihre Verhöre: Das „2.K“ in der Bremer Ostertorswallstraße ist in einem alten Tabakspeicher untergebracht, wasserfleckig, schäbig, düster (vgl. ausführlich taz v. 8.2.90).

Seit 10 Jahren kämpfen die dort eingesargten KripobeamtInnen vergeblich um Räume, in denen sich Frauen und Mädchen Angst und Scham von der Seele reden können, um helle, ungestörte Vernehmungszimmer, um menschenwürdige Warteräume und um ein Klo, das nicht gleichzeitig Teeküche ist.

Nun liegt ein Gutachten zur Sicherheit des Gebäudes vor, das nach Aussagen des Polizei-Gewerkschafts-Chefs Hans Schulz „vernichtend“ ist. Zehn Jahre lang hat sich kein Innensenator und kein Polizeichef um die bedrückenden Zustände gekümmert. „Jetzt werden rund 28.000 Mark investiert für die nötigsten Reparaturen“, erklärte auf taz -Anfrage der Pressesprecher des Innensenators, Kleen. Das Geld kommt aus dem Etat des Stadt

und Polizeiamtes und soll ausgegeben werden, um aus den nackten Drähten in Fassungen elektrische Leitungen und Steckdosen zu machen, um die Treppenstufenkanten zu reparieren und für Malerarbeiten. „Damit werden nur die auffälligsten Mängel beseitigt, das ist keine Sanierung/Renovierung in dem Sinne“, versuchte Kleen zumindest nicht zu beschönigen. Hintergrund: Wenn der langgehegte Plan doch noch mal wahr und das Stadt-und Polizeiamt zu zwei Ämtern umorganisiert wird, dann sind damit Umzüge ganzer Abteilungen verbunden. Und das soll abgewartet werden. Kleen: „Im Zuge der Umorganisierung ist die Abmietung vorgesehen, und der Vermieter investiert jetzt auch nicht mehr.“

„Es gibt erhebliche Sicher

heits-Mängel im 2.K. Mit ein paar baulichen Veränderungen geht da gar nichts“, erklärte GdP-Chef Schulz unmißverständlich, „da geht nur Abriß. Mit einem Eimer Farbe und gutem Willen kann man nichts ausrichten. Die Kolleginnen und Kollegen müssen da raus. Jede Renovierungs-Mark ist rausgeschmissen.“

Der Grüne Abgeordnete Martin Thomas hatte das Thema im Februar in die Bürgerschaft eingebracht und auf sofortige Abhilfe gedrungen. „Das sind höchstens Räume für aussortierte Akten, nicht für Menschen, schon gar nicht für Publikum“, wandte er sich jetzt gegen die jüngsten Anstreich -Pläne, „hier geht es um Delikte sexueller Gewalt an Frauen und Kindern. Dem Innensenator fehlt die Sensibilität für diese Themen.“ S.P