Standbild: (G)Lück mit kesser Lippe

■ Zehn oder Geh'n , ZDF

(Zehn oder Geh'n, Do., 22.3., 19.30 Uhr, ZDF) Ingolf Lück, der prominenteste Bielefelder gleich nach F.W. Murnau, bekannt von Funk und Wegsehn, hampelt und strampelt wieder über den Bildschirm; die Ohrfeige, die Horst Brack dem „Backpfeifengesicht des deutschen Fernsehens“ (Brack) vor 14 Tagen verpaßte, hat offenbar keine Spuren hinterlassen. Der quirlige Entertainer steht dem neuen Reisequiz Zehn oder Geh'n vor, und dieser etwas hakelige Titel erklärt sich wie folgt: Ein Kandidatenpaar wird an einen attraktiven Urlaubsort geflogen, muß dort von, ich glaube, 16 Fragen zehn richtig beantworten (im Fach Fernsehquizspielregeln des Studiengangs Medienwissenschaften war ich immer etwas schwach) und - wird postwendend wieder ins Flugzeug verfrachtet, so es denn versagen sollte, muß also „geh'n“, eine, finde ich, ob ihrer Boshaftigkeit sehr gelungene Idee. Das Spiel beginnt gleich am Flugplatz; der gar nicht moderate Moderator Lück und sein Fernsehteam holen das nach geglückter Landung gerade eben erleichtert aufatmende Pärchen ab und konfrontieren es flott mit der ersten Frage. Anschließend - die Koffer bleiben unausgepackt und werden ständig durchs Bild geschleppt, um argusäugige Kritiker von der Lauterkeit der Abwicklung zu überzeugen - transportieren Lück und seine Helfershelfer ihre Opfer an ein paar attraktive Drehorte, im Premierenfall auf der Insel Malta, wo weitere, gar nicht mal so leichte Fragen und zwischendurch ein Geschicklichkeitsspiel ihrer harren. Die Zwischenzeit überbrückt die Bildregie mit den üblichen Reiseprospektbildchen, deren Erlesenheit aber durch Lücks frechen Kommentar gemildert wird. Dem Kandidatenpärchen bleibt also immerhin die Erinnerung an einige hübschen Plätze und an die Außenansicht des im maurischen Stil erbauten Hilton Hotels, so sie denn tatsächlich verlieren sollten. Die ersten beiden, ein wackeres Ehepaar aus Niedersachsen, machten ihre Sache gut und durften zum Behufe 14tägiger Ausspannung ihre Koffer entleeren. Auch Ingolf Lück, der ja mitunter zu aufdringlicher Überkandideltheit neigt, gefiel mir gar nicht so schlecht, weil er sowohl die verkrampfte Pseudoseriosität als auch die schamlose Zurschaustellung der mir schier unerträglichen öffentlich -rechtlichen Samstagabendshows zu vermeiden wußte. Vermutlich werden die LeserInnenbriefseiten der großen TV -Magazine voll sein mit bösen Anmerkungen beleidigter Leberwürste bezüglich seiner kessen Lippe; von mir aus aber kann er gerne noch ein Pfund zulegen. Und nun muß ich los, die Postkarte mit der Lösung der ZuschauerInnenfrage einwerfen. Denn auch wir daheim im sicheren Fernsehsessel können 14 Tage Hilton auf Malta gewinnen. Zwar bin ich grundsätzlich der Meinung, daß Deutsche in anderen Ländern nichts zu suchen haben, aber eineR gewinnt ja sowieso. Warum also nicht ich?

Herr Dittmeyer