Bonn apart: Mal doof, mal frech, mal Rau.

■ Sozialdemokratisches Allerlei aus der Bundeshauptstadt

Bonn (taz) - Nein, rechts steht er jedenfalls nicht, der Geist. Horst Niggemeier, SPD-Bundestagsabgeordneter und in der Fraktion unermüdlicher Kanalarbeiter, dessen Verlautbarungen zuweilen der CSU alle Ehre machen würden, beschäftigt sich mit dem Ausgang der DDR-Wahlen: „Die überzeugende Ablehnung der 'Partei der Schuldigen‘ (PDS), der Gysi- und Modrow-Kommunisten durch rund 83 Prozent der Wahlbevölkerung wirft auch die Frage auf, wie es in den DDR -Kommunen weitergehen soll.“ Für uns wirft schon der erste Halbsatz in Horst Niggemeiers Presseerklärung eine ganz andere Frage auf: Wie soll es nach der überzeugenden Ablehnung der SPD, der Brandt- und Böhme-Sozialdemokraten durch rund 77 Prozent der Wahlbevölkerung in dieser Partei weitergehen?

Gar nicht doof ist ein anderer Sozi: Gerhard Schröder. Dafür aber frech. Der niedersächsische SPD-Fraktionschef und Spitzenkandidat für die dortige Landtagswahl weiß bekanntermaßen nicht, was sich im Umgang mit Menschen gehört. Eine Kostprobe dieser Eigenschaft lieferte er jüngst einem guten Dutzend Bonner JournalistInnen. Die hatten ihn zu Hintergrundgespräch und Abendessen geladen. Er sagte zu und kam nicht. So weit, so verzeihlich - wenn er mit gutem Grund abgesagt hätte.

Den hatte Schröder aber nicht, und so ließ er seine Mitarbeiterin für sich lügen: Sie rief alle beteiligten JournalistInnen an und teilte ihnen mit, der Termin falle aus, weil die meisten wegen aktueller politischer Ereignisse abgesagt hätten. Tatsache war: Kein(e) einzige(r) Journalist(in) hatte abgesagt; Schröder hingegen hatte zwischenzeitlich erfahren, daß am selben Abend in der Bonner Prominentenkneipe „Mirscheid“ das neue Buch des 'Spiegel' -Reporters Jürgen Leinemann vorgestellt wurde - und bei diesem gesellschaftlichen Ereignis wollte der Spitzenkandidat nicht fehlen. Ob es tatsächlich versöhnen sollte, daß er via Mitarbeiterin auch noch bescheiden ließ, wenn man ihn was fragen wolle, er sitze „so ab sieben im Mirscheid, irgendwo auf einem Hocker, halten Sie einfach nach ihm Ausschau“?

Was ist die neue Maßeinheit für platte Witze, über die niemand lachen kann? Ein Rau. Könnte man jedenfalls meinen, wenn (führende) Sozialdemokraten über den NRW -Ministerpräsidenten und stellvertretenden SPD-Vorsitzenden reden. Oskar Lafontaine etwa entschuldigte sich vor einiger Zeit bei ein paar Journalisten für einen tatsächlich unterirdisch blöden Scherz mit den Worten: „Der ist ja auch von Johannes Rau.“ Und als jüngst eine Kollegin über Wilfrid Penners „Was ist die weibliche Form von Bürgersteig? Bürgersteiginnen“ auch nicht so recht lachen konnte, zog der Fraktionsvize nur die Schultern hoch: „Er stammt eben von Rau.“ Ferdos Forudasta