EPLF zur Kooperation mit Hilfsorganisationen bereit

Ein Gespräch mit Isayas Aferworki, dem Generalsekretär der EPLF, in Afabet, Eritrea  ■ I N T E R V I E W

taz: Können Sie mir etwas über die Ziele des Angriffs auf Massawa sagen?

Aferworki: Es gibt sehr verschiedene Ansichten über die Absicht unseres letzten Angriffs, und ich denke, es ist angebracht, unsere Position zur gegenwärtigen militärischen Situation darzustellen. Wir haben öffentlich darauf hingewiesen, daß es an der Linie Asmara-Massawa zu einer Konzentration erheblicher militärischer Kräfte gekommen ist und daß die Regierung die Friedensgespräche und die Hungerhilfe benutzt, um von diesem Umstand abzulenken. Seit Mitte 1989 sind immer neue Panzer angekommen, und es wurden große Mengen von Gütern aus dem sowjetischen Nachschub an diese Linie transportiert. Die Regierungstruppen versuchten, sich in diesem Gebiet in Schützengräben zu verbarrikadieren und es als Ausgangsposition für weiterer Operationen zu benutzen. Unser Angriff hatte nur militärische Ziele, wir wollten die äthiopische Marine und die motorisierten Einheiten in diesem Gebiet zerstören. Das hat nichts mit dem Friedensprozeß oder den Hilfslieferungen zu tun. Wir sind jederzeit bereit, die Friedensgespräche, die wir in Atlanta und Nairobi geführt haben, fortzusetzen; wir sind bereit, mit allen Hilfsorganisationen zusammenzuarbeiten, die ihre Aktivitäten in unserem Gebiet oder außerhalb fortsetzen oder intensivieren wollen. Wir haben keine Vorbehalte, was die Hungerhilfe angeht. Wir waren sogar bereit, über einen Waffenstillstand zu verhandeln, was die Regierung dummerweise zurückgewiesen hat.

Nach den Diskussionen in Nairobi hofft man nun auf eine neue Runde in den Friedensgesprächen. Könnten Sie erläutern, wie diese zustande kommen könnte?

Unglücklicherweise ist der Friedensprozeß, der vom früheren Präsidenten Carter durch die Treffen in Atlanta und Nairobi initiiert wurde, in eine Sackgasse geraten, weil das Regime in Addis Abeba eine Vereinbarung verletzt hat, nach der sieben Beobachter, darunter die UNO, eingeladen werden sollten. Von den sieben Beobachtern sollten beide Seiten je zwei selbst bestimmen können, drei weitere sollten in gegenseitigem Einverständnis gewählt werden. Wir haben zwei Organisationen vorgeschlagen, die UNO und die OAU. Die Regierung hat die Basis der Vereinbarung verletzt und die UNO abgelehnt. Sie ist sogar so weit gegangen, anzudeuten, sie würden die UNO als Mitgliedsstaat verlassen, wenn die UNO als Beobachter zugelassen werde. Wir halten uns an die Vereinbarung und verlangen, daß die Einladungen, die von der EPLF und der Regierung in Addis unterzeichnet wurden, an alle sieben Beobachter geschickt werden. Wenn dieses Problem gelöst ist, sollte es möglich sein, den Friedensprozeß fortzusetzen.

Können Sie mir etwas über das polnische Schiff sagen, was war da los? (Mitte Januar versenkte die EPLF vor der Küste von Eritrea einen polnischen Frachter, der Baumwolle nach Massawa bringen sollte, Anm. d.Red.)

Das Gebiet ist militarisiert, das ist jedem klar. Was nun wirklich geschah, war dies: Der polnische Kapitän überschätzte seine Möglichkeiten etwas, als er unsere Marine ignorierte. Er hatte ein Zeichen zum Stoppen bekommen, reagierte jedoch nicht. Sein Schiff wurde dann am Oberdeck getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war eines unserer Boote sichtbar. Er ignorierte es. Auf seinem Schiff war eine äthiopische Flagge zu sehen, und später kreisten unsere Kanonenboote das Schiff ein. Der Kapitän versuchte, den Ring zu durchbrechen. Unglücklicherweise wurde er getroffen, und sein Schiff sank. Das ist nicht unser Problem, das ist sein Problem. Es war also ein Unfall, und wir sind nicht für diesen Fehler, den Fehler des Kapitäns, verantwortlich.

Interview: Hartmut Waldowski