Indiens Nachhut verläßt Sri Lanka

■ Indischer Truppenabzug aus Sri Lanka abgeschlossen /Nach drei Kriegsjahren zieht Neu-Delhi seine letzten 2.000 Mann ab / Tamilische Truppen kontrollieren im Nordosten ein Drittel der Insel

Trincomalee (afp/wps) - Mit dem Abzug der letzten 2.000 Soldaten aus Sri Lanka hat Indien am Samstag sein längstes und umstrittenstes militärisches Auslandsengagement beendet.

Nach 32monatiger Präsenz auf der Inselrepublik im indischen Ozean hatte die 50.000 Mann starke „Friedenstruppe“ ihre Lektion gelernt. In dem Feldzug waren 1.155 indische Soldaten getötet und 2.987 verwundet worden. Auf seiten der Tamilen kostete der Kampf Tausenden von Rebellen und Zivilisten das Leben. Doch gegen die ungleich geringzähligere Guerilla der „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) vermochte auch die viertgrößte Armee der Welt nicht viel auszurichten.

„Wir kamen als stolze Soldaten, wir gehen als stolze Soldaten“, sagte indes der indische Kommandant, Generalleutnant Amarjit Singh Kalkalt, bevor er an Bord eines der Schiffe ging. Die Stationierung war nach einem indisch-srilankischen Friedensvertrag im Juli 1987 im überwiegend von Tamilen bewohnten Nordosten der Insel erfolgt. Dadurch sollte der blutige Unabhängigkeitskampf der tamilischen Bevölkerungsminderheit beendet werden. Der Außenminister Sri Lankas, Ranjan Wijeratne, befand sich unter denen, die die Truppen verabschiedeten: Sein Land werde niemals „die Opfer vergessen, die die Inder gebracht haben, um die Einheit der Insel zu erhalten“.

Im Oktober 1987 hatten die indischen Truppen eine Offensive gestartet, um die militärisch stärkste tamilische Rebellenorganisation LTTE, die sie einst selbst ausgebildet hatten, zu entwaffnen. Diese hatten den Friedensvertrag abgelehnt und sich geweigert, die Waffen niederzulegen. Im April 1989 nahm die LTTE in einer überraschenden Wende Friedensgespräche mit der srilankischen Regierung in Colombo auf. Daraufhin erfolgte im Juni vergangenen Jahres die Aufforderung von Ministerpräsident Ranasinghe Premadasa an Neu-Delhi, seine Truppen so schnell wie möglich abzuziehen. Die neue indische Regierung hat dies bei ihrem Amtsantritt im November bis zum 31.März zugesichert.

Heute haben im mehrheitlich tamilischen Nordosten Sri Lankas die „Tamil Tigers“ das Sagen. Zeitungen berichten von Steuererhebungen der LTTE. Ihre Kämpfer, von denen viele noch nicht einmal volljährig sind, sollen sogar Quittungen ausstellen und die Empfangsbestätigung aufbewahren. Kürzlich soll sie heimliches Bierbrauen und Holzfällen im Distrikt Trincomalee verboten haben. Die größte Oppositionspartei, die Sri Lanka Freedom Party, meint dazu, mit Waffengewalt habe die LTTE die Verwaltung im Nordosten mehr oder weniger übernommen, und die Regierung mache keine Anstalten, diese unglaubliche Situation zu beenden.

sl