Angst bei Jugendlichen wächst

■ 75 Prozent der Kinder in der BRD fürchten Umweltzerstörung durch Technik und Chemie

Darmstadt (dpa) - Der Gießener Psychoanalytiker Prof. Horst Eberhard Richter hat Trends neuer Studien bestätigt, wonach die Zukunftsängste bei Kindern vor allem aufgrund der sich zuspitzenden Umweltgefahren zunehmen. Fast 75 Prozent der Kinder, aber nur 55 Prozent der Erwachsenen glaubten, die Technik und die Chemie zerstörten die Umwelt. Entgegen der weitverbreiteten Meinung seien aber vor allem die Jugendlichen mit pessimistischen Zukunftserwartungen die Hoffnungsträger der Gesellschaft. Ihr Leidensdruck ermögliche es nämlich erst, daß sich Kinder und Jugendliche aufraffen, „das ökologische Tabu brechen“ und gegen das drohende Unheil „massiv und offensiv“ vorgehen. Jugendliche mit positiven Zukunftserwartungen seien dagegen politisch und sozial desinteressiert und könnten gesamtgesellschaftlich nur wenig Impulse setzen. Auf der 50. Jahrestagung der Kinderärzte aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit rund 300 Teilnehmern herrschte Einigkeit darüber, daß Problembewußtsein und die Sensibilität für Umweltgefahren bei Kindern und Jugendlichen weitaus größer sind als bei Erwachsenen. Eltern, Politiker und Ärzte stünden diesen Herausforderungen der jungen Generation jedoch noch recht hilflos gegenüber, hieß es auf dem Treffen am Sonntag in Darmstadt.

Der hessische Landesvorsitzende des Berufsverbandes, Dr. Hans Joachim Landzettel, kritisierte vor allem den mangelnden Mut und die unzureichende Lernfähigkeit der Politiker und der Ärzte für Umweltgefährdungen: „Wenn es heute zu einer ähnlichen Katastrophe wie Tschernobyl kommt, stehen wir wieder genauso hilflos wie damals da, weil einfach inzwischen von Ärzten und Wissenschaftlern wieder viel zuviel verdrängt worden ist.“