Besucherin aus der West-Sahara

■ Jira Bulahe Bad, Elektroingenieurin und Repräsentantin der sahrauischen Frauenorganisation

Eine weitgereiste Besucherin: Jira Bulahe Bad. Nationalität: sahrauisch. Hauptsprachen: arabisch und spanisch. Beruf: Verantwortliche für internationale Beziehungen der sahrauischen Frauenorganisation. Gestern morgen zwischen 11 und 13 Uhr saß Jira Bulahe Bad im Raum B 2890 der Bremer Universität. Eingehüllt in das Tuch-Kleid der sahrauischen Frauen erzählte sie von ihrem Elektrotechnik-Studium in Spanien und Kuba.

Die Sahrauis, ein Nomandenvolk, wurden von den Spaniern kolonisiert. Beim Abzug der Spanier, 1975, besetzen Marokko und Mauretanien die phosphatreiche Westsahara. Die Mehrheit der sahrauischen Bevölkerung floh vor dem Terror und dem Napalm der Eindringlinge - und lebt seit 14 Jahren in Flüchtlings

lagern in der algerischen Wüste. Jira Bulahe Bad kam denn auch immer wieder auf zwei Begriffe zu sprechen, wenn sie die Probleme der sahrauischen Frauen benannte: auf den „Krieg“, den die sahrauische Befreiungsfront POLISARIO gegen die aufgerüsteten marokkanischen Besatzer führt und auf das unmenschliche „Klima“, dem die Frauen in den Flüchtlingslagern trotzen müssen. Bedingungen, die für Mitteleuropäerinnen, dazu in volklimatisierten, gepflegten Uni-Räumen, schwer zu begreifen sind. Der Sand und der Wind, der die leichten Flüchtlingszelte immer wieder niederreißt, Trocken- und Dosennahrung, provisorische hygienische Bedingungen, die Verletzten und die Toten des Krieges.

Jira Bulahe Bad erzählt davon, wie die sahrauischen Frauen „pa

rallel zum Kriegsgeschehen eine neue Gesellschaft aufbauen“. Daß sie zu 80 Prozent arbeiten, als Lehrerin, Erzieherin, Krankenschwester, Ärztin, in der Zivilverwaltung, bei der Verteilung der Nahrungsmittel, in Gärten, in der handwerklichen Produktion, beim Herstellen der Zelte. Daß die gesamte Organisation des Alltags auf den Schultern der Frauen ruht. Und daß der Krieg und der Mangel sie immer wieder hindern, ihre Wünsche zu verwirklichen: „Uns sind etwas die Hände gebunden.“ Vom 25.-26. Februar haben die sahrauischen Frauen ihren zweiten Kongreß abgehalten. Und festgestellt, daß es bei den Frauen - „ein Problem der Frauen im allgemeinen“ - an Selbstvertrauen und Mut fehlt: „Viele Frauen sind sich gar nicht bewußt, was sie schon erreicht

haben.“ Aber Jira Bulahe Bad, die studierte Elektroingenieurin, strahlt Zuversicht aus: „Das ist alles eine Frage der Zeit. Während der spanischen Kolonialzeit hatten sahrauische Frauen überhaupt keine Möglichkeit, zur Schule zu gehen. 1975 mußten die Frauen deshalb bei Null anfangen.“ Und heute gibt es schon eine gnze Generation gut ausgebildeter junger Frauen. Für Jira Bulahe Bad ist klar: „Bei den Studienresultaten schneiden Frauen besser ab. Frauen haben eine angeborene Neugier. Sie sind deshalb auch besser geeignet für Elektrotechnik, um alles über elektrische Leitungen herauszufinden.“ Dann lacht sie: „Die Männer haben schon Angst, daß die Frauen bald viel besser qualifiziert sind als sie.“

Barbara Debus