Der blanke Hohn-betr.: "Besetztes Haus geräumt", taz vom 20.3.90

Betr.: „Besetztes Haus geräumt“, taz vom 20.3.90

(...) Ihr schreibt: „In den vergangenen Monaten versuchte die FU-Leitung auf dem Verhandlungswege den Konflikt zu lösen.“ Dies erscheint als der blanke Hohn, angesichts des Verhaltens der FU-Leitung während der Besetzung, das in der Räumung (ausgerechnet am 19.3.) durch Polizei und von der Uni in gewohnter Weise engagierte Schlägertrupps - auch Wachschutz genannt - seinen logischen Abschluß fand. Daß die Uni-Leitung an Verhandlungen, ganz zu schweigen an einer Lösung der Wohnungsnot „interessiert“ ist, zeigte ihre Haltung, die sich immer nur auf die Alternative polizeiliche Räumung oder freiwillig gehen (nur wohin?) beschränkte. Nicht genug, daß die Uni verantwortlich für die Zerstörung von 160 intakten Wohnungen in der Sylter Straße und deren brutale Räumung war und am Tag darauf in „ernsthaften“ Verhandlungen beteuerte, für nichts zuständig zu sein, machte sie in Gesprächen den peinlichen Vorschlag, die BesetzerInnen unter Umständen an der Warteliste der anderen Wohnungslosen vorbei zu einem Wohnheimplatz verhelfen zu können. Durch dieses Bestreben, den Konflikt zu individualisieren und dadurch auch zu entpolitisieren, zeichnete sich auch der erwähnte Vorschlag der AL von Ersatzwohnungen in der Zillestraße aus, der zudem daran scheiterte, daß dort gar nicht genügend Wohnungen leerstanden. Bei der Besetzung des leerstehenden Gebäudes in der Brümmerstraße ging es gerade über den Anspruch, Wohnraum für einen minimalen Teil der Wohnungslosen zu schaffen, hinaus darum, einen Ort zu haben, wo versucht wird, in gemeinsamen Diskussionen und politischer Arbeit Wohnungsnot zu begegnen und dadurch Anlaufstelle für andere davon Betroffene zu werden. Dies ist der Grund, warum dieses Haus der Uni-Leitung nicht paßte und warum sie, wie jede praktische Opposition in ihrem Hoheitsbereich, nur mit dem „Faustrecht“, der Polizeigewalt zu helfen weiß. „Geht doch nach Hause“, lautete ein zynischer Kommentar nach der Räumung und ein selbstgefällig-polizeiliches: „Wir sitzen immer am längeren Hebel.“ Der Berichterstattung der taz auch zu anderen Hausbesetzungen zufolge, scheint sie sich an diesen auch gerne zu setzen.

Jörg, Student, zur Zeit wohnend