Keine Lust auf Opposition

■ Morgen will AL-Sonderdelegiertenrat mögliche Konsequenzen diskutieren / Die SPD hält sich bei Bewertung des Rücktritts von Heidi Bischoff-Pflanz zurück

Hoffnungslos oder ernst - oder beides? Die AL sieht die Koalition nach dem Ausstieg der Fraktionsvorsitzenden Heidi Bischoff-Pflanz aus dem Abgeordnetenhaus als gefährdet, die SPD kommentierte den Rücktritt demonstrativ zurückhaltend. Nach den Worten von Senatssprecher Werner Kolhoff sei der Senat von den „innerparteilichen Konflikten“ nicht direkt betroffen.

Der Diagnose der Profillosigkeit, mit der Heidi Bischoff -Pflanz unter anderem ihren Rücktritt begründet hatte, teilen andere Fraktionsmitglieder keineswegs. Das Problem sieht die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Renate Künast eher in der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit. Wenn die AL schon ein Papiertiger sei, „dann hat man vergessen, die Zähne mitzufalten“. Ob der überraschende Rücktritt das Signal für den Anfang des Koalitionsendes ist, darüber scheiden sich die Geister. Diskussionen über einen möglichen Koalitionsbruch hält der sozialpolitische Sprecher der AL -Fraktion, Haberkorn, ebenso für verfrüht wie Spekulationen über eine SPD/CDU-Liaison. Er habe trotz des spürbaren Bestrebens in der AL, die Gesamtpolitik kritisch zu überdenken, keine Lust, sich „jetzt auf die Opposition vorzubereiten“.

Wo die einen Profil- und Zahnlosigkeit monieren, sehen andere übergroße grüne Bißspuren. CDU-Chef Diepgen ahnte gestern zum wiederholten Male das Ende der Koalition voraus, nicht ohne noch einmal den bedrohlichen Einfluß der AL auf die SPD anhand einiger politischer Entscheidungen auszumalen: die Abwahl des Generalstaatsanwaltes Treppe und die (nicht ganz gelungene) Auflösung der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft beklagte Diepgen ebenso wie die am letzten Donnerstag im Abgeordnetenhaus verabschiedete Auflösung der Akademie der Wissenschaften und die Einbringung eines Mediengesetzes, „das ganz und gar die Handschrift der AL zeigt“.

Auf einem Sonderdelegiertenrat will die Partei morgen über die Konsequenzen des Rücktritts von Bischoff-Pflanz diskutieren. Heute will die Fraktion eine/n neue/n Vorsitzende/n wählen. Im Lauf der Woche soll es zu einem grundsätzlichen Gespräch zwischen den beiden Regierungsfraktionen kommen.

Auf der Fraktionssitzung soll heute diskutiert werden, wer für Heidi Bischoff-Pflanz in die Fraktion nachrückt. Die erste Nachrückerin auf der Kandidatenliste, die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU, Elke Breitenbach, hat bereits abgelehnt. Prinzipielle Bereitschaft haben sowohl die nächste Kandidatin, Ulrike Zimmermann, zur Zeit AL-Bezirksverordnete in Charlottenburg, als auch der 24jährige Michael Hammabacher, Nummer 20 auf der Kandidatenliste, signalisiert.

anb