Neu im Kino:„Das lange Elend“ von Mel Smith

■ Vom Liebesleben eines Lulatsches

Dexter King hat es schwer im Leben, und dafür mag man ihn vom ersten Moment an. Als ellenlanger amerikanischer Schauspieler in London bekommt er nur Arbeit als Prügelknabe eines größenwahnsinnigen Komikers; bei seinem Heuschnupfen helfen Taschentücher soviel wie zerfetzte Segel in Orkanen, und wenn er sich tatsächlich einmal verliebt, ist er so schüchtern, daß er zwei Monate und Dutzende von unnötigen und schmerzhaften Injektionen braucht, um die Krankenschwester Kate zum Essen einzuladen.

Bei ihrem ersten Akt körperlicher Liebe zertrümmern die beiden dann die gesamte Zimmereinrichtung, danach kommt Dexter zu spät zur Arbeit und wird gefeuert. Dieses eine Mal paßt der deutsche Titel des Films „Das lange Elend“ sogar besser als das harmlose „The Tall Guy“.

Jeff Goldblum sieht als ewig gebeutelter Dexter immer komisch und trotzdem unverschämmt gut aus. Regisseur Mel Smith haut ihn mit einer Eisenstange über den Kopf, steckt ihn in fürchterliche Shorts, eine Gummimaske des „Elefantenmenschen“ und eine Nonnentracht mit Strapsen, und doch bleibt Aufstehmännchen Goldblum immer ein Bild von einem Mann.

Und weil auch Emma Thompson als smarte und warmherzige Kate sofort das Publikum aus ihrer Seite hat, konnte Smith ungehemmt eine böse funkelnde Komödie inszenieren, die manchmal hart am Rande des Geschmacklosen entlangsegelt (etwa bei den turbulenten Szenen in der Intensivstation). Aber es geht darin auch gerade um die Geschmackslosigkeit als Schlüssel zum Erfolg: Dexters Bühnenauftritte mit dem Starkomiker Ron Anderson sind komisch, weil sie so schlecht sind. Die Theaterproduktion, in der Dexter schließlich doch Erfolg hat, ist eine Musicalfassung des „Elefantenmenschen“, die als Meilenstein schlechten Geschmackes gleich neben „Springtime for Hitler“ von Mel Brooks steht. Wenn der Chor zum Finale „Somewhere up in heaven, there's an angel with big ears“ singt, hat Smith sich seinen verdienten Platz in der beeindruckenden Riege der britischen Komödienregisseure endgültig verdient.

Wie die meisten von ihnen kommt auch er vom Fernsehen, und ich kann es einfach nicht verstehen, warum bei uns auch noch die seifigste „soap opera“ aus den USA in der Glotze erscheint, während die vielen, guten Comedyshows aus England nur als Videos unter Spezialisten die Runde machten.

So werden wir Teutonen wohl „Not The Nine O'Clock News“ oder „Alas Smith und Jones“ von und mit Mel Smith nie zu sehen bekommen, und müssen in die Kinos strömen um zu sehen, was das wirklich ist: Humor. Wilfried Hippen

Filmstudio 18.00, 20.30 Uhr