Es ist ja wieder warm...

■ Zurück auf die Straße: Ab 1. April sind zahlreiche Notunterkünfte für Obdachlose dicht / Sozialsenat hält Unterstützung nur in kalten Wintern für notwendig

Für die einen ein Aprilscherz, für die anderen der Startschuß in die Freiluftsaison: Ab 1. April sind zahlreiche Notunterkünfte für Obdachlose dicht. Der Grund: Nächste Woche läuft die Finanzierung der Unterschlupfprojekte durch den Senat aus. Fünf Kirchengemeinden hatten im vergangenen Jahr Notunterkünfte zur Verfügung gestellt. Sieben weitere Kirchen, die ebenfalls Übernachtungsmöglichkeiten für wohnungslose Berliner anbieten wollten, mußten ihr Vorhaben wegen mangelnder finanzieller Unterstützung jedoch in den Wind schießen. „Der Senat hat es abgelehnt, diese Projekte zu unterstützen, weil der Winter so mild sei“, erklärte die Mariendorfer Diakonin Doris Schrammer gegenüber der taz. Dabei hatte sich der Senat noch im November letzten Jahres bereiterklärt, Honorar- und Sachkosten für Notunterkünfte zu übernehmen. Mitarbeiter der Berliner Initiative für Nichtseßhafte sowie der evangelische Diakoniepfarrer Manfred Berner hatten zuvor an alle Westberliner Pfarrer, Gemeindekirchenräte und Superintendenten die Bitte gerichtet, angesichts der mindestens 12.000 Wohnungslosen Notunterkünfte für den Winter zur Verfügung zu stellen. Daraufhin waren neun Gemeinden aktiv geworden und hatten sich erfolgreich auf die Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten begeben. Den finanziellen Segen des Senats durften jedoch nur die Gemeinden Lankwitz und Mariendorf genießen.

Daß das berühmte Dach über dem Kopf auch in „warmen“ Wintern gefragt ist, kann Doris Schrammer nur bestätigen. Während der vergangenen Monate hatten in der Mariendorfer Gemeinde viele Obdachlose von der Übernachtungsmöglichkeit in der Jugendetage des Gemeindehauses Gebrauch gemacht. Die Betroffenen hätten oftmals sehr schnell Kontakte untereinander gefunden und müßten dennoch ihre Anonymität nicht preisgeben. „Natürlich sind solche Notunterkünfte immer nur Übergangslösungen“, meinte Schrammer. Unverständlich sei jedoch, weshalb der Senat solche dezentralen Projekte nicht intensiver unterstütze. Schließlich seien diese Projekte eine Alternative zu den bestehenden Massenquartieren. „Vom Senat heißt es immer nur, der Etat für dieses Jahr ist dicht und daß alle Projekte zu Lasten bestehender gehen.“

Dies dürfte der Grund sein, weshalb auch die wenigen bestehenden Notunterkünfte nun dicht machen. „Notunterkünfte können eben keine Wohnungen ersetzen“, so die Pressereferentin des Sozialsenats, Rita Hermanns. Diese Projekte seien vor allem für Winter mit strenger Kälte gedacht. Deshalb habe es in diesem Jahr einen „Überhang“ an Notunterkünften gegeben.

Christine Berger