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Alternativen für die SPD

Die große Koalition in der DDR und der Wahlkampf in der Bundesrepublik  ■ K O M M E N T A R E

Adenauer ist einst mit einer Stimme Mehrheit zum Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. Der demokratische Neuanfang in der DDR wird sich vermutlich anders gestalten. Ist es überhaupt ein Start für ein sich erneuerndes Gemeinwesen? Muß man nicht eher von einem Abgesang durch Vereinigung sprechen? Eines ist klar: eine große Koalition hat entdemokratisierende Effekte. Denn unterscheidbare Alternativen verschwinden. Trotzdem ist es wohl richtig, daß eine große Koalition von der übergroßen Mehrheit der DDR -Bevölkerung getragen wird, die darin die Chance sieht, die Integration der DDR ins „Neue Deutschland“ zu managen. Die SPD in der DDR befindet sich mithin in einer doppelten Klemme: Nicht nur die Bonner und Ostberliner CDU drängt sie in eine große Koalition sondern auch das Wir-sind-ein-Volk Volk.

Für das Wahljahr 1990 in der Bundesrepublik hat diese historische Übergangsphase in der DDR auf den ersten Blick verheerende Folgen. Denn der entdemokratisierende Effekt einer großen Koalition in Ost-Berlin schwappt fast automatisch in die Bundesrepublik und blockiert auch hier Entscheidungsalternativen. Solange die Vereinigung und ihre soziale Abfederung das alles dominierende Thema der Wahlkämpfe dieses Jahres bleiben wird, hat Oskar Lafontaine die Wahlen doch schon verloren. Denn gegen die eigene Partei (auch wenn sie in der DDR sitzt und dort im Regierungsbündnis mit Kohl und de Maiziere die Einheit gestaltet) läßt sich schlecht Wahlkampf machen. Die Bundestagswahlen lassen sich auch nicht damit gewinnen, daß die SPD einen Skandal daraus macht, daß Kohl seine Wahlversprechen in der DDR nicht einlöst. Denn trotz aller öffentlichen Rhetorik glaubte wohl kaum einer in der DDR tatsächlich daran, daß der Vereinigungsprozeß ohne Blessuren zu bewältigen ist. Der CDU wird eben mehr Kompetenz bei der ökonomischen Sanierung der DDR zugetraut.

Nach der DDR-Wahl gibt es für Lafontaine keine Erfolgsgarantie. Er muß auf Risiko setzen, auf die einzige Chance, die ihm, aber auch den Grünen bleibt, den Wahlkampf nicht über den Vereinigungsprozeß der beiden deutschen Staaten an sich zu führen, sondern über die konkrete Ausgestaltung eines zivilen, demokratischen und ökologischen Deutschlands. Und darüber wird hauptsächlich in der Bundesrepublik - nicht in der DDR - entschieden.

Max Thomas Mehr

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