Reaktionen aus West und Ost

Mit großer Zurückhaltung hat das Weiße Haus am Dienstag auf die neuesten Ereignisse in Litauen reagiert. Bushs Sprecher Marlin Fitzwater äußerte zwar „die tiefe Sorge über die Entwicklungen der letzten Woche und des gestrigen Tages“. Er weigerte sich aber, die Festnahme mehrerer Deserteure in Wilna in irgendeiner Form zu charakterisieren oder von einer „Eskalation“ zu sprechen. Norwegens Ministerpräsident Jan Syse erklärte am Dienstag, das Auffahrenlassen von Panzern und das Einziehen von Schußwaffen in Litauen sei „ein auf schockierende Weise unkluger Schritt“. Damit sei eine bereits gespannte Lage gefährlich verschärft worden. Die britische Premierministerin Thatcher ließ Forderungen unbeachtet, das sowjetische Vorgehen in Litauen mit den Invasionen in Ungarn und der CSSR in den Jahren 1956 und 1968 zu vergleichen. Sie sprach von einer „sehr schwierigen Lage“, in der sich sowohl Gorbatschow als auch die Bevölkerung Litauens befänden.

Der polnische Arbeiterführer Lech Walesa appellierte in einem Schreiben an Gorbatschow, militärischen Druck zu unterlassen und den politischen Dialog mit der litauischen Regierung aufzunehmen. Die tschechoslowakische Regierung erklärte, sie unterstütze den Grundsatz der Autonomie, in welcher Form auch immer ein Volk ihn verwirklichen wolle. Dies entspreche auch jüngsten Äußerungen Gorbatschows.

ap/taz