Kultur geht den Bach runter

■ Wie man versucht, Gerhard Printschitsch mit seiner „Theaternative C“ marktwirtschaftlich auszutricksen

Die Vorgeschichte ist einfach. Nach der Wende gründete der Cottbuser Schauspieler und Regisseur Gerhard Printschitsch die „Theaternative C“ als Privattheater. Auf der Suche nach einem geeigneten Gebäude stieß er auf den historischen, unter Denkmalschutz stehenden Bau am Altmarkt 21. Dieses Haus, ehemals Gasthof, später dann nach dem Umbau ein kleines Theater, erwies sich als hervorragend geeignet. Eine Besichtigung offenbarte aber Schreckliches. Der Rat der Stadt ließ es zur Ruine verkommen. Nur der Anstrich außen und das Dach wurden erneuert. Wie so oft, Hauptsache die Fassade. Das Desinteresse der Stadt an diesem ehemaligen Stadttheater war offenkundig.

Herr Printschitsch bat zu einem Lokaltermin (Februar), an dem unter anderem die Fachleute der Denkmalpflege, die Mitarbeiter der Abteilung Kultur des Rates der Stadt sowie eine Vertreter des Ministeriums für Kultur (Abteilung Theater) teilnahmen. Er erläuterte sein Konzept, wie man mittels eines Kredits ein wunderschönes kleines Stadttheater mit Weinkeller, Cafe aber auch Sauna aufbauen könnte. Während die Abteilung Kultur um eine ausführliche Konzeption bat und sich für das Projekt einsetzte, die Denkmalpflege die Unterstützung bei der Rekonstruktion anbot, der Vertreter des MfK seine Leitung um eine positive Befürwortung (die bis heute ausblieb) ersuchte und der stellvertretende Direktor der Staatsbank den Kredit zusicherte und der Herr Printschitsch einen ausführlichen Brief an den Oberbürgermeister Herrn Kleinschmidt, dem die Idee außerordentlich gefiel, schrieb, geschah hinter den Rücken aller etwas anderes.

Die 'Lausitzer Rundschau‘ vom 27. 3. 90 vermeldete es. Herr Kleinschmidt steckte schon lange in Verhandlungen mit der Ulrich Wagner Unternehmensberatungs GmbH aus der Bundesrepublik. Mit dieser GmbH gründete die Stadt Cottbus einen Fonds „Leben in Cottbus - Ulrich Wagner KG“. Cottbus ist mit 25 Prozent in Form von Grundstücken und Gebäuden beteiligt. Ziel sind Gebäudesanierungen und Rekonstruktionen umfangreicher Art und das Erzielen höchstmöglicher Erträge durch Mieten nach Fertigstellung. Pilotprojekt soll unter anderem das Haus am Altmarkt 21 sein.

Es liegt auf der Hand, daß diese Mieten keiner mehr bezahlen kann. Klar wird auch, warum der Herr Kleinschmidt bis jetzt keinen Termin für Herrn Printschitsch hatte, denn dieser Vertrag wurde bereits am 9. März geschlossen. Angeblich wußten Runder Tisch und Rat sowie Abgeordnete Bescheid. Über den Fonds sicherlich, aber auch über das Pilotprojekt Altmarkt 21 und die Ideen des Regisseurs? Ich glaube kaum. Bis jetzt hat man sich doch dem Theatermann sehr zurückhaltend gegenüber verhalten. Die Mitarbeiter der Abteilung Kultur des Rates der Stadt wußten bis zur Veröffentlichung in der Zeitung auch nichts, die Verantwortliche beim Rat des Bezirkes ebenfalls nicht. Wie macht das ein Oberbürgermeister, wenn keiner etwas weiß?

In einem Telefongespräch mit dem Vertreter des Kulturministeriums erklärte Herr Kleinschmidt, daß man ganz demokratisch über die Verwendung des Gebäudes entscheiden wird. Er meinte sicherlich nach der Sanierung, denn diese soll in vier Wochen bereits beginnen. Bei der Zielrichtung des Unterfangens scheint sich dann die Demokratie nach der Möglichkeit des Bezahlens des Mietpreises zu richten. Außerdem - wird es überhaupt als Theater rekonstruiert? Der Regisseur Gerhard Printschitsch hat einen Architekten, der ein ausgewogenes Theater projektiert. Welche Pläne hat man jetzt? Es liegt der Verdacht nahe, daß die Leute, die zuerst die Kultur vergammeln ließen, diese nun für harte Mark verscherbeln.

Vielleicht gibt es Parteien, Stadtparlamente und Bürgerinitiativen die bei Herrn Kleinschmidt noch einmal konkret nachfragen würden?

F. N.