Die Nacht hat viele Augen...

■ Die Nacht der Abenteuer, 20.15 Uhr, ARD

Mit gerade mal 28 Lenzen auf dem noch ungebeugten Buckel hatte Chris Columbus bereits die Bücher für Erfolgsfilme wie Gremlins, Die Goonies und Das Geheimnis des verborgenen Tempels geschrieben - allesamt Produktionen des Spielberg-Imperiums -, als er 1987 mit dem Film Die Nacht der Abenteuer sein Debüt als Regisseur gab. Hier zeigte sich einmal mehr, daß der Autor der Welt seiner zumeist jugendlichen HeldInnen noch sehr verbunden war.

Eigentlich wollte die 17jährige Chris mit ihrem Freund ausgehen. Doch der ließ sie sitzen. Eigentlich wollte sie daraufhin ihr Mißgeschick beweinen und einen geruhsamen Abend als Babysitterin bei einer befreundeten Familie verbringen. Dann aber wird sie von einer Freundin um Hilfe gebeten, lädt kurzentschlossen die ihr anvertrauten Kinder ins Familienauto und braust nicht nur hinein in die Großstadt Chicago, sondern in eine Nacht voll tolldreister Erlebnisse, die sie so schnell nicht vergessen wird. Eine Katastrophe scheint die nächste auszulösen.

Chris und ihre Kinderbande bekommen es mit verrückten Lkw -Fahrern, Autodieben, Hehlern, ja mit einer ganzen Reihe von komischen Käuzen und bedrohlichen Figuren zu tun und tummeln sich in der nebelfeuchteten Großstadt wie auf einem übergroßen Abenteuerspielplatz.

Columbus hat das Ganze mit viel Witz, Sinn für Timing und dramaturgischem Aufbau in Szene gesetzt, plaziert die Running Gags, wenn man sie am wenigsten erwartet, und erfreut das Publikum zudem mit einem beinah glaubwürdig in die Handlung integrierten Auftritt des Bluesmusikers Albert Collins und seiner Band.

Am Ende erfahren die Helden Kater samt Katharsis, bekommen aber auch die Chance, den selbst auferlegten persönlichkeitsverbildenden Zwängen der bisherigen, auf Karriere ausgerichteten Lebensführung zu entkommen.

Daneben gibt es auch Motive, die schon ein anderes night -movie, Stand by me - Das Geheimnis eines Sommers, sehr stark prägten, nämlich die Neugier auf das Unbekannte und das gemeinsame Auf-den-Weg-Machen einer kleinen Gruppe Heranwachsender zur Erforschung dessen, was sich hinter der noch eng begrenzten, unmittelbar erfahrbaren eigenen kleinen Welt abspielt.

Was in Stand by me - Das Geheimnis eines Sommers von Rob Reiner in ländlicher Umgebung angesiedelt und sehr poetisch ausgeführt wurde, gerät bei Columbus zum kapriziösen Großstadtabenteuer mit einer Fülle von Konfrontationen, Kapriolen und Katastrophen, kurz, dem gesamten, auf Tempo gebrachten Irrwitz metropolitanen (Nacht -)Lebens. Und das macht - hoffentlich nicht nur mir - so viel Spaß, daß dieser Film 1988 auf meiner Liste der zehn Jahresbesten landete, was, wie ich fürchte, nur die Kinogänger, nicht aber der Pantoffelkinoheld nachzuvollziehen vermag.

Harald Keller