VS-Debatte im hessischen Landtag

■ Grüne für Arbeitsbeschränkung, SPD für Reform des Verfassungsschutzes / CDU und FDP schmettern alles ab

Frankfurt (taz) - Vergeblich wollten die Grünen im hessischen Landtag dem Landesamt für Verfassungsschutz die Arbeitsgrundlage entziehen. Der Abgeordnete Rupert von Plottnitz brachte gestern im Plenum einen Antrag seiner Fraktion ein, mit dem die Landesregierung aufgefordert wird, dem Verfassungsschutz „jedwede datenverarbeitende Tätigkeit“ mit sofortiger Wirkung zu untersagen.

Der Antrag stützte sich auf eine Forderung des hessischen Datenschutzbeauftragten Simitis, der - nach dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVG) bei der Landesregierung den Entwurf einer verfassungskonformen gesetzlichen Grundlage für die datenverarbeitende Tätigkeit des hessischen Verfassungsschutzes eingeklagt hatte. Ein solcher Entwurf hätte nach Auffassung des Datenschutzbeauftragten spätestens im Jahre 1989 auf den parlamentarischen Weg gebracht werden müssen, da ansonsten die vom BVG vorgegebenen Übergangsfristen überschritten würden. Rupert von Plottnitz: „Jetzt haben wir schon März 1990 - und in Hessen gibt es noch immer keine verfassungskonforme gesetzliche Grundlage für die Datensammelwut des Verfassungsschutzes.“ Deshalb operiere der Verfassungsschutz in Hessen zumindest seit dem Jahreswechsel nicht mehr im Rahmen der Legalität. Zum Schutz der Verfassung und zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Hessen habe der Verfassungsschutz seine Tätigkeit umgehend einzustellen.

So weit wie die Grünen mochte die SPD im Landtag allerdings nicht gehen. Die Sozialdemokraten forderten in einem eigenen Antrag die Landesregierung lediglich auf, noch im ersten Halbjahr 1990 ein neues hessisches Verfassungsschutzgesetz vorzulegen. Dabei müsse die Amtshilfe des Verfassungsschutzes für die Polizei des Bundes und der Länder - und umgekehrt - nach dem „Gebot der Zweckbindung“ und dem „Gebot der Trennung zwischen Verfassungsschutz und Polizei“ ausgerichtet werden: „Das nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführte Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten muß uneingeschränkt fortgelten.“ Nur so könne der Verfassungsschutz aus seiner „rechtlichen Grauzone“ herausgeholt werden.

Von der Union wurde während der Landtagsdebatte die Kritik der Oppositionsparteien scharf zurückgewiesen: „Wir werden uns gegen jeden Versuch der Zerschlagung des Verfassungsschutzes wenden“, meinte der innenpolitische Sprecher der CDU, Hans-Joachim Jentsch, denn es gelte, „die Demokratie vor ihren Feinden zu schützen“. Jentsch kündigte die Verabschiedung eines Verfassungsschutzgesetzes „noch in diesem Jahr“ an, mit dem „Daten- und Staatsschutz“ in Einklag gebracht werden sollen. Mit der Mehrheit der Stimmen von CDU und FDP lehnte der Landtag im Anschluß an die Debatte die Anträge von SPD und Grünen ab.

kpk