CDU will mit SPD die 40 Jahre DDR beenden

■ CDU-Präsidium gab grünes Licht für die Verhandlungen um große Koalition / SPD-Fraktion bewertet Gespräche mit der CDU positiv / DSU-Frage zurückgestellt

Die CDU will mit der SPD über eine Koalition verhandeln. Dies hat das Präsidium der CDU gestern vormittag beschlossen. Gleichzeitig beriet hinter streng verschlossenen Türen der Volkskammer die Fraktion der SPD darüber, mit welchen Nebenbedingungen sie solche Verhandlungen annimmt. (Die Beratungen waren bei Redaktionsschluß noch nicht beendet.)

Die umstrittene DSU-Frage war in den Gesprächen mit der CDU „bewußt an den Schluß gestellt“ worden. Der amtierende Fraktionsvorsitzende Schröder glaubt, daß die CDU angesichts der Postenansprüche aus Leipzig „Mühe hat, ernst zu bleiben“. Bei Koalitionsverhandlungen sei es aber so wie bei „Beziehungskisten“, erklärte Schröder. Da könne man vorher wenig öffentlich sagen. Bei der DSU sieht er eine deutliche „Fremdlenkung aus München“. Bei der Vorstellung, die DSU als Partnerin akzeptieren zu müssen, „schäume ich nicht über vor Begeisterung“, meinte Schröder. Er habe allerdings immer schon die Position vertreten, Sachfragen in den Vordergrund zu stellen.

Schröder hatte schon vor der Sitzung die Ergebnisse der „Informationsgespräche“ mit der CDU sehr positiv gewertet: „Es sieht so aus, daß wir uns über die Position, die wir schriftlich rausgegeben hatten, verständigen konnten.“ (vgl. dazu taz 30.3.) Es habe sogar auch ein paar Punkte darüber hinaus noch gegeben, über die man sich verständigen konnte, etwa beim Abtreibungsgesetz, was „bei dem Namen CDU nicht selbstverständlich ist.“ Die CDU der DDR habe der Position „Kein Paragraph 218“ zugestimmt. Für Schröder zeigt sich an dieser Frage Grundsätzliches: „Das ist ein Signal, daß die CDU-DDR offenbar bereit ist, spezifische Interessen der DDR -Bevölkerung zu berücksichtigen. Wir wünschen sehr, daß sich das verstärkt, das würde den Eindruck der Fremdlenkung aus Bonn korrigieren.“ Auch in der Frage der Regelung der Eigentumsrechte habe man Übereinstimmung erzielen können, hier nicht nur formalrechtlich vorzugehen, sondern Interessenabwägungen vorzunehmen. Kindergärten, Horte, Schulspeisungen sollen erhalten bleiben. Für die Finanzierung müßten derweil „neue Wege erfunden“ werden, denn „einen Riesenstaatshaushalt will niemand“.

Konsens auch in der Wirtschaftspolitik: „Die wirtschaftliche Umgestaltung muß so vollzogen werden, daß wir EG-fähig werden. Damit ist ein Grundgerüst vorgegeben“, sagt Schröder. Die Frage, ob die DDR der BRD nach Art. 23 des Grundgesetzes einfach beitreten soll oder ob nach Art. 146 eine neue Verfassung ausgearbeitet werden soll, war in das SPD-Papier nicht als Essential aufgenommen worden.

K.W.