23 Stunden alleine

■ Hungerstreik in der Moabiter U-Haft: Justizverwaltung weigert sich mit Gefangenen über humanere Haftbedingungen zu verhandeln / Demo am Montag

Auch nach zweiwöchigem Hungerstreik in der Moabiter U -Haftanstalt hält die Senatsverwaltung für Justiz an ihrem einmal eingeschlagenen Kurs fest: keine Verhandlungen mit den Gefangenen. Das wurde gestern im Rechtssausschuß im Rathaus Schönberg deutlich, als der AL-Abgeordnete Albert Eckert erneut an die Verantwortlichen der Justizverwaltung appellierte, mit den Streikenden den Dialog aufzunehmen.

Justiz-Staatssekretär Schomburg und der Leiter der Abteilung Strafvollzug, Flügge, stellten den Hungerstreik gestern als eine von außen - durch Kleinanzeigen in der taz

-gesteuerte Aktion dar, die nur von wenigen Gefangenen mitgetragen würde. Schomburg bezifferte die Zahl der Hungerstreikenden auf vier U-Häftlinge und 13 Strafgefangene, und schränkte die Zahl noch dahingehend ein, daß die 17 Gefangenen nur „partiell“ die Nahrungsaufnahme verweigerten. Flügge verwies darauf, daß nur 17 von 900 Moabiter Insassen streikten, was vergleichsweise wenig sei. Dem AL-Abgeordneten Eckert war hingegen bekannt, daß 50 Gefangene an der Protestaktion beteiligt seien.

Schomburg und Flügge blieben dabei, daß die unabhängige Moabiter U-Haft-Gefangenenvertretung von der Justizverwaltung nicht anerkannt werde. Die Verwaltung sei auch nicht zu Gesprächen mit den Gefangenen bereit. Dafür seien die Mitarbeiter der Haftanstalt da. Die AL-Abgeordnete Künast wollte daraufhin wissen, was sich die Justizverwaltung denn „vergebe“, wenn bei den Gesprächen in der Anstalt ein Mitarbeiter der höheren Ebene zugegen sei. Flügge erwiderte: Dann könne ja in Zukunft jeder Gefangene mit dieser Forderung kommen.

Wie berichtet, erheben die Hungerstreikenden Forderungen wie Abschaffung des 23-Stunden-Einschlusses, verbesserte Freistundenregelung und die Abschaffung des Zwangs für ausländische U-Häftlinge, mit ihren Angehörigen beim Besuch Deutsch sprechen zu müssen. Zum 23-Stunden-Einschluß erklärte Flügge, daß auf zwei Stationen in der U-Haft seit September vergangenen Jahres mehr Aufschluß gewährt werde. Ab 2. Mai sei geplant, die erweiteren Aufschlußzeiten mehrmals pro Woche auch auf den übrigen U-Haft-Stationen zu praktizieren, um die Kontakte unter den Insassen zu erhöhen. Dem Problem „Deutsch-Zwang für ausländische U-Häftlinge“ hofft Flügge dadurch beizukommen, daß den Ausländern künftig auf Staatskosten ein Dolmetscher finanziert wird. Die Entscheidung darüber liege beim Haftrichter. Die Justizverwaltung plane jedoch ein Rundschreiben an die Haftrichter, in denen diese aufgefordert würden, im oben genannten Sinne zu verfahren. Am kommenden Montag um 18 Uhr findet vor der Moabiter U-Haft eine Demo zur Unterstützung des Hungerstreiks statt.

plu