Tamil Tigers geben Waffen nicht aus der Hand

Trotz des Abzugs der indischen Truppen aus Sri Lanka wollen die „Befreiungstiger von Tamil Eelam“ (LTTE) ihre Waffen nicht niederlegen / Ihrer „Verantwortung für die tamilische Minderheit“ wollen sie jetzt auch durch den Aufbau einer politischen Frauenfront nachkommen  ■  Von Rita Sebastian

Jaffna (ips/afp) - Politische Beobachter hatten es befürchtet: Die LTTE sei weiter für den Schutz der tamilischen Minderheit in Sri Lanka verantwortlich und werde daher bewaffnet bleiben, ziterte die Tageszeitung 'Daily News‘ den LTTE-Führer Yogaratnam Yogi. In der Vergangenheit hatte seine Organisation den Abzug der Inder zur Bedingung gemacht und bereits den Aufbau ziviler Kaderorganisationen angestrengt

In einem Tarnanzug steckend und mit einem automatischen Gewehr über der Schulter sieht Malani heute einer Untergrundkämpferin noch wesentlich ähnlicher als einer politischen Aktivistin. Während der letzten fünf Jahre hat sie in Sri Lanka auf seiten der separatistischen „Tamil Tigers“ (LTTE) gekämpft. Heute, nach dem Abzug der indischen Soldaten, widmet sie sich den Kaderaktivitäten der neugeschaffenen „Volksfront der Befreiungstiger“ (PLFT).

Wie Hunderte anderer nach ihr hat sie bereits 1985 die Universität verlassen und sich den tamilischen Separatisten im Kampf gegen die Armee der Zentralregierung angeschlossen. Seither hat sie fünf Jahre im Untergrund gekämpft, erst gegen die Armee Colombos und ab 1987 gegen die indischen Verbände. In sechs Monaten militärischer Ausbildung lernte sie den Waffendrill am AK-47, das Werfen von Handgranaten, das Verlegen von Tretminen.

Nachdem sich die „Tiger“ nach einem massiven Angriff der indischen Truppen im Oktober 1987 aus Jaffna zurückziehen mußten, verbrachte Malani Monate in den malariaverseuchten Dschungelgebieten im Nordosten Sri Lankas. Zur Waffe habe sie gegrifffen, weil die gemäßigten tamilischen Politiker sich als unfähig erwiesen hätten, die Forderung nach politischer Autonomie für den Tamilen-dominierten Norden und Osten durchzusetzen.

Im Juli 1987 kam es zu einem „Friedensvertrag“ zwischen Indien und Sri Lanka, der eine Teilautonomie der Nordostprovinz und die Entsendung der indischen Friedenstruppe (PFK) vorsah, der die tamilische Guerrilla ihre Waffen aushändigen sollte. Die „Tiger“ weigerten sich und kämpften nun auch gegen die indischen Truppen. Seit 1987 sollen in diesem Krieg 6.000 srilankische Zivilisten und 1.200 indische Soldaten gefallen sein.

Nach einem bilateralen Abkommen vom letzten Jahr zog Indien am vergangenen Samstag den letzten „Friedenssoldaten“ ab. Mit den Indern verließ die bisherige „gemäßigt„-tamilische Regierung der „Revolutionären Front des Eelam-Volks“ (EPRLF) das Land. Die politische Nachfolgeorganisation der Befreiungstiger schickt sich nun an, in das von der EPRLF zurückgelassene politische Vakuum vorzustoßen.

Malanis neue Aufgabe ist der Aufbau einer PLFT-Frauenfront. Sie soll die weiblichen Guerrillakader zu einer „Grassroots -Organisation“ zusammenfassen, die die politische Unterstützung von der Basis organisieren soll. Ihr unterstellt sind die 20jährige „Bezirksleiterin“ Abadu und die 25jährige Dora, die der Propagandaabteilung vorsteht. Alle drei tragen immer noch das „Markenzeichen“ der LTTE um den Hals - eine Zyankalikapsel, mit der viele Tiger bei einer Gefangennahme Selbstmord verübten. Malani und Dora leben zusammen mit 50 andren Frauen in einem Camp in Jaffna. „Wir wollen die Frauen von jeglicher nationaler und sozialer Unterdrückung befreien und eine neue gesellschaftliche Ordnung errichten, in der alle Ungleichheiten eliminiert werden sollen.“ Im konservativen, traditionsverhafteten Jaffna, wo der hinduistische Kastengeist noch vorherrschend ist, klingen diese Vorstellungen noch recht ketzerisch.

Mit strikten Moralvorstellungen wurde innerhalb der LTTE aufgeräumt: Sexuelle Beziehungen innerhalb der Organisation waren freigestellt, heiraten durften Guerrilleras aber erst ab 23 Jahren. Malani selbst hat keinen Freund. Als ihre Wache beendet ist, richtet sie ihr Gewehr, setzt den Helm auf und läßt ihr Motorrad aufheulen: „Derzeit bin ich auch so vollkommen glücklich.“