CDU und „Strichjunge“

■ Kampagne gegen schwulen Parlamentsvize in Berlin

Berlin (taz) - Er ist erst eine Woche im Amt des Vizepräsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses und soll schon zurücktreten. Gegen Albert Eckert, 29 Jahre alt, parteilos und bundesweit erster offen schwuler Parlamentspräsident, hat die Berliner CDU jetzt eine Hetzkampagne gestartet. Der mit den Stimmen von AL und SPD gewählte Eckert, so behauptet der CDU-Abgeordnete und Landesgeschäftsführer der Partei, Klaus-Hermann Wienhold, sei ein „Strichjunge“. In einem Brief an den SPD -Fraktionschef Staffelt und Parlamentspräsident Wohlrabe (CDU) schrieb Wienhold am Donnerstag, daß Eckert „seine Dienste in einschlägigen Kontaktmagazinen angeboten habe“. Es sei deshalb verantwortungslos, daß Eckert das Parlament in der Öffentlichkeit vertrete.

Eckert, der selbst im Handbuch des Abgeordnetenhauses mit der Berufsbezeichnung „Diplom-Politologe und Schönheitsmasseur“ aufgeführt ist und nie einen Hehl aus dem Zweitberuf machte, reagierte offensiv auf die Anwürfe. Vor der Presse kündigte er rechtliche Schritte gegen die Bezeichnung „Strichjunge“ an. Eckert bestätigte, als „Schönheitsmasseur“ gearbeitet und dafür Anzeigen aufgegeben zu haben. Die Bezeichnung „Schönheitsmasseur“ habe er gewählt, weil er keine staatliche Anerkennung als Masseur gehabt hätte, sein Gewerbe aber angemeldet habe. Kunden seien vor allem Schwule gewesen. Die „einstündige Ganzkörpermassage“ habe „Akupressur und klassische Massage“, aber auch „erotische Komponenten“ umfaßt.

Die AL stellte sich hinter den Vizepräsidenten. Auch die SPD verurteilte das „Ausschlachten“ von Eckerts Homosexualität. Sollte sich aber der Begriff „Strichjunge“ als zutreffend erweisen, sei Eckert nicht zu halten.

kotte Siehe auch Kommentar Seite 10