U-Boote: Verdacht der Strafvereitlung

Präsident der Oberfinanzdirektion Kiel unter Beschuß / Finanzministerin fordert Rücktritt  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die Kieler Staatsanwaltschaft hat nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen den Präsidenten der Oberfinanzdirektion (OFD) Kiel, Hansen, eingeleitet. Nach Rücktrittsforderungen der Bonner Opposition wegen Hansens Rolle bei der Vertuschung des U -Boot-Skandals hat auch die Kieler Finanzministerin Simonis (SPD) Hansen (64) brieflich den „Rat“ gegeben, sich beurlauben zu lassen. Es bestehe „keine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, heißt es darin. Wie jetzt bekannt wurde, ist dies bereits die zweite Aufforderung. Erstmals hat die Ministerin diese Empfehlung gegenüber Hansen Anfang März ausgesprochen.

Hansen will seine Amtsgeschäfte fortsetzen. Er beruft sich darauf, daß er kein politischer Beamter sei und deshalb nicht in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden könne. Möglich sind nur disziplinarische Maßnahmen durch das Bundesfinanzministerium als Oberbehörde. Dieses äußerte sich dazu nicht.

Hansen weist die Vorwürfe zurück, er habe die am U-Boot -Geschäft beteiligten Firmen zur Rückzahlung von zwei Millionen DM gedrängt, die Südafrika 1987 als Lizengebühren zahlte.

Die OFD hatte Anfang 1988 gerade das Verfahren mit Freispruch eingestellt, als ihr die Zahlung bekannt wurde. Trotz des neuerlichen Beweises für die Fortführung des Geschäfts wurden die Ermittlungen nicht wiederaufgenommen. Über Hansens Aktivitäten heißt es allerdings in einem Aktenvermerk des damals noch von der CDU geführten schleswig -holsteinischen Finanzministeriums vom 7. April 1988, der „Oberfinanzpräsident hat (...) auf Herrn Nohse (IKL) eingewirkt, die 2 Millionen Mark zurückzuzahlen“. Hansen teilte auf Anfrage mit, er kenne diesen Vermerk nicht und könne sich nicht erklären, wie dieser zustande gekommen sei. Er sei lediglich dafür eingetreten, die Gelder zurückzuzahlen, weil das Geschäft nicht zustande gekommen sei. Doch auch in dieser Frage vertrat das Finanzministerium am 14.März 1988 eine andere Meinung. In einem Schreiben heißt es: „Der Vertrag ist bis heute nicht verändert worden. Dazu bedurfte es einer Kündigung durch das südafrikanische Unternehmen oder einen Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag. Davon ist nichts bekannt. Die 2 Millionen Mark hat HDW also auf Grund des Fortsetzung auf Seite 2

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Vertrags mit Rechtsgrund erhalten.“

Der Kieler OFD-Präsident war Mitte 1985 vom damaligen Finanzminister Gerhard Stoltenberg (CDU) im Zusammenhang mit der Lieferung von U-Boot-Plänen an Südafrika mit den Ermittlungen gegen die Firmen HDW und IKL beauftragt worden. Die Behörde des Stoltenberg-Freundes Sven-Olaf Hansen war zahlreichen Hinweisen auf eine bis heute andauernde Fortführung des Geschäfts nicht nachgegangen, sondern hatte das Verfahren in enger Abstimmung mit dem Stoltenberg -Ministerium eingestellt.

Die Grünen in Bonn haben die Beschuldigungen der Regierungsfraktion zurückgewiesen, die Grünen hätten mit angeblichen Informatio

nen aus den Akten des Untersuchungsausschusses parlamentarische Pflichten verletzt. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, über schmutzige Geschäfte informiert zu werden. Das Regierungslager bemühe sich dagegen, dies „unter der Decke zu halten und zu vertuschen“, weil das Geschäft auch nach seiner angeblichen Beendigung mit Wissen des Bundeskabinetts „als Geheim-Aktion illegal fortgeführt“ wurde.

In Kieler Justizkreisen ist indessen Unklarheit darüber entstanden, ob die fünfjährige Verjährungsfrist für Geheimnisverrat schon Ende April endet.

Der schleswig-holsteinische Generalstaatsanwalt betonte, die Anklagebehörde werde darauf achten, daß die Frist nicht vor Ende der „zügigen“ Ermittlungen ablaufe. Unsicher sei aber, wann die Frist begonnen habe und ob sie unterbrochen werden könne.