Revolutionsfeier ohne Volk

■ Rumänische Opposition aus Timisoara will den 16. Dezember zum Feiertag machen

Berlin (afp/taz) - Etwas alleingelassen mußte sich die rumänische Übergangsregierung vorkommen, als sie am Samstag auf dem Friedhof der Märtyrer den 100. Tag der Revolution gegen das Ceausescu-Regime feiern wollte. Denn nur ein paar hundert Menschen kamen auf dem Gelände zusammen. Und auch die Gottesdienste zu Ehren der Revolution waren schlecht besucht, wissen doch die Rumänen auch, daß gerade die orthodoxe Kirche mit der Diktatur kollaboriert hatte.

Die oppositionellen Parteien feierten getrennt, manche auch gar nicht, weil sie die Feiern vorverlegt sehen wollten. Vor allem die demokratische Bewegung in Timisoara monierte, das eigentliche Datum der Revolution sei der 16. Dezember, als die Demonstrationen in Timisoara begannen und nicht der 22. Dezember, als der Diktator fliehen mußte.

In anderen Punkten gab es jedoch große Übereinstimmung zwischen der Regierung und ihrer Opposition. Bei der Vollversammlung des Provisorischen Rates der Nationalen Einheit in Bukarest haben die etwa 200 Delegierten von 54 im Übergangsparlament vertretenen Parteien und politischen Gruppierungen die Vollmachten der Regierung ausgedehnt und sich zum Teil selbst entmachtet. Künftig darf nämlich der Ministerpräsident die Mitglieder seiner Regierung benennen, ohne den Provisorischen Rat davon zu informieren. Auf der gleichen Sitzung am Freitag wurde eine Erklärung verlesen, die sich mit den militanten Auseinandersetzungen der letzten Wochen in Siebenbürgen befaßt, und darauf hinwies, daß „sowohl Ungarn wie auch Rumänen sich von der Gewalt“ distanziert hätten. Rumänische Nationalisten beklagten die Unterdrückung der rumänischen Minderheit in Ungarn, nachdem die ungarische Regierung gegen die Unterdrückung der ungarischen Minderheit in Rumänien protestiert hatte.

Jedoch kam es auf der Sitzung nicht zu einer Aussprache über die Ursachen der nationalistisch motivierten Gewalt. Dagegen wurde ein Gesetzentwurf abgestimmt, der sich mit den möglichen Entschädigungen der Opfer der Diktatur befaßt. Keine Übereinstimmung gab es bei der Frage der Auflagensenkung der Zeitungen, die wegen angeblichen Papiermangels geplant wurde. Offenbar sollen bis zu den nächsten Wahlen die auflagenstärksten Zeitungen um 20 Prozent, andere Blätter um 50 Prozent Auflage einbüßen, um der Presse der Front der Nationalen Rettung mehr Papier zuweisen zu können.

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