Fiskaljahr beginnt schwarz

■ An der Börse in Tokio / Zweitsteilster Kurssturz des Nikkei-Indexes in der japanischen Börsengeschichte

Tokio (dpa) - Das Fiskaljahr 1990/91 hat am Montag an der Tokioter Börse mit einem noch schwärzeren Tag begonnen als das alte Fiskaljahr vergangener Woche geendet hatte: Der Nikkei-Index für 225 führender Aktien, der bereits am Freitag scharf um 1 045,71 Punkte gefallen war, erlitt den zweitsteilsten Kurssturz der japanischen Börsengeschichte und sank um 1 978,38 Punkte auf einen Schlußkurs von 28.002,07.

Nur im Oktober 1987, am Tag nach dem „Schwarzen Montag“ an der Wall Street, war der Nikkei mit einem Rückfall um 3 836,48 Punkte noch stärker gesunken.

Der US-Dollar stieg am selben Tag scharf um 2,30 auf einen Schlußkurs von 159,95 Yen an und wurde stundenlang sogar über 1,60 Yen gehandelt. Es war der höchste Schlußkurs seit dem 31. Dezember 1986.

Die für Japan bedrohliche Yen-Schwäche und der Kurssturz an der Börse beeinflußten sich gegenseitig:

Experten machten die Talfahrt der Aktien, die seit dem Höchststand am letzten Tag des Börsenjahres 1989 im Durchschnitt gut 28 Prozent an Wert verloren, für die Flucht in den Dollar verantwortlich. Andererseits besteht für die Fachleute auch kein Zweifel daran, daß der Wertverlust des Yen um mehr als zehn Prozent in diesem Jahr mangelndes Vertrauen in Japans Währung und Wirtschaft widerspiegelt und damit entscheidend zum Rückgang der Börsenkurse beigetragen hat.

Verschärft wurde die Situation durch einen Bericht auf der Titelseite der größten und einflußreichsten japanischen Wirtschaftszeitung 'Nihon Keizai Shimbun‘, nach dem die großen japanischen Versicherungsunternehmen sich wegen der trüben Aussichten an der Börse von einem Großteil ihrer Aktien trennen wollten. Dementis der Betroffenen und dann auch des Finanzministeriums richteten wenig aus: Die wichtigsten institutionellen Anleger hätten bisher nur an ihren Aktienpaketen festgehalten, um am Ende des Fiskaljahres keine Verluste ausweisen zu müssen, hieß es an der Börse. Jetzt seien sie entschlossen, ihre Milliarden lukrativer anzulegen.

Ein noch tieferer Sturz des Kursniveaus wurde nur dadurch verhindert, daß praktisch niemand kaufen wollte. Dadurch blieben viele Aktien ohne Notierung. „Das geringe Handelsvolumen war andererseits auch das einzig tröstliche an diesem Montag“, sagte ein Broker.

Helmut Räther